Das ultimative Chorleitungsbuch: Dirigieren – Proben – Singen
Wer je eine Fortbildungsveranstaltung für Führungskräfte besucht hat, der weiß, dass die Mitarbeiter der Chefs die idealen Mäuschen des Seminars wären. Was sie alles lernen könnten: Wie will der Boss fortan mit ihnen umgehen? Wie will er ihre Qualitäten, wie ihre Motivation fördern? Plant er disziplinarische Maßnahmen?
Dirigenten in Laienchören sind gewiss Führungskräfte, doch mehr noch Animateure. Sie lenken das Ensemble in dem Wissen, dass alle freiwillig kommen und neben der Kunst auch die Geselligkeit suchen. Ein Chorleiter, der sich wie ein Diktator benimmt, wird nur in seltenen Fällen herzerwärmendes musikalisches Niveau erreichen. Gute Dirigenten wissen, dass Stimme und Stimmung zusammenhängen.
Im Carus-Verlag ist nun ein großartiges Buch für Chorleiter erschienen, das aber für interessierte Sänger nicht minder reizvoll sein kann, sofern sie über musikalische und physiologische Grundkenntnisse verfügen. Das Buch heißt: „Dirigieren – Proben – Singen. Ein Chorleitungsbuch“.
Die Autoren sind allesamt versierte und vielseitig erfahrene Chorleiter in Theorie, Praxis und Pädagogik. Zunächst geht es um Kernkompetenzen des Dirigenten, etwa die Unabhängigkeit der Hände, die Schulung des Gehörs, die Gestaltung der Probe. Die kann zäh geraten, wenn eklige neue Töne zu bimsen sind. Wie ein Vergnügen daraus wird, das macht das Buch klar.
Gesungene Musik hat ja zahllose Aspekte: die Aussprache. Die Dynamik zwischen laut und leise. Die gesungene Linie. Der legendäre schwedische Chorleiter Eric Ericson sagte oft: Wer dirigiert wie ein Albatros, muss sich nicht wundern, dass sein Chor nicht leise singen kann.
Zuverlässig beantwortet das Buch auch Fragen, die keiner stellt. Sollte der Chorleiter den gesungenen Text in Probe und Aufführung stumm mitsprechen? Antwort: nein, wenn er dabei wie eine Karikatur wirkt. Oder: Sollten Chorleiter die jeweilige Stimme zwischen Sopran und Bass, die sie gerade proben, auf dem Klavier mitspielen? Antwort: nein.
Das Buch behandelt auch die Stimme als Konzertsaal im Körper, über Räume, Höhlen, Rohre, Falten, Deckel, Trichter. Nur wenn alles harmoniert, klingt es auch. Immer wieder ist das Buch lösungsorientiert: ob man besser auswendig oder mit Noten singt. Was einer macht, der plötzlich rausfliegt. Und was, wenn er einen hohen Ton nicht kriegt.
Auch was das Fachvokabular mit „abschlanken“ und „Vordersitz“ meint, wird geistreich erklärt. Und dann der Rhythmus: Wie gelingt ein Groove, wie ein gutes Timing bei einem Pop-Arrangement? Sollten Sänger da vielleicht choreografische Bewegungen machen, oder stört das beim Singen? In jedem Fall sieht es frischer, lebendiger aus.
Das Buch „Dirigieren – Proben – Singen. Ein Chorleitungsbuch“ von Anne Kohler, Klaus Brecht und Jan Schumacher ist im Carus-Verlag erschienen und kostet 49,90 Euro. Es umfasst 463 Seiten und ist einmust-have für jeden Chorleiter und interessierten Sänger.
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