Leipzig: Ex-KZ-Sekretärin wegen Beihilfe zum Mord zu Haft verurteilt
In einem bedeutenden Urteil hat das Landgericht Leipzig eine ehemalige Sekretärin eines Konzentrationslagers (KZ) wegen Beihilfe zum Mord zu einer Haftstrafe verurteilt. Die 97-jährige Angeklagte war während des Zweiten Weltkriegs im KZ Stutthof tätig und hat laut Anklage „in großem Umfang“ an der Ermordung von Häftlingen mitgewirkt. Das Urteil ist ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung der Verbrechen während der NS-Zeit. Der Prozess gegen die ehemalige Sekretärin war einer der letzten gegen eine ehemalige Mitarbeiterin eines Konzentrationslagers. Die Verurteilung wird als wichtiger Beitrag zur Gerechtigkeit für die Opfer und ihre Angehörigen gesehen.
BGH bestätigt Haftstrafe für ehemalige KZ-Sekretärin
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung einer früheren KZ-Sekretärin wegen Beihilfe zum Massenmord bestätigt. Der 5. Strafsenat des BGH in Leipzig verwarf die Revision gegen ein Urteil des Landgerichts Itzehoe.
Die inzwischen 99-jährige Irmgard F. wurde wegen Beihilfe zum Mord in 10.505 Fällen sowie zum versuchten Mord in 5 Fällen zu zwei Jahren Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Diese Entscheidung ist jetzt rechtskräftig.
Das Urteil im Kontext
Der Fall gilt als das womöglich letzte Strafverfahren zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Massenmorde. Irmgard F. war zwischen Juni 1943 bis April 1945 als Schreibkraft in der Kommandantur des Konzentrationslagers Stutthof bei Danzig beschäftigt. Damals war sie 18 beziehungsweise 19 Jahre alt.
Durch ihre Arbeit habe die junge Frau den Verantwortlichen des Konzentrationslagers bei der systematischen Tötung von Inhaftierten Hilfe geleistet, hatte das Landgericht geurteilt. Auch unterstützende Tätigkeiten könnten rechtlich als Beihilfe zum Mord angesehen werden.
Die Verteidigung
Die Verteidigung von Irmgard F. hatte Revision eingelegt. Der BGH hatte darüber Ende Juli mündlich verhandelt. Die Anwälte stellten unter anderem infrage, ob der Frau ein Vorsatz nachgewiesen werden kann.
Es sei nicht erwiesen, dass sie wirklich wusste, was in dem Lager vor sich ging. Zudem habe sich ihre Arbeit als Schreibkraft nicht wesentlich von ihrem vorherigen Job in einer Bank unterschieden. Sie habe aus ihrer Sicht „neutrale Handlungen“ ausgeführt.
Die Entscheidung des BGH
Der BGH bestätigte die Einschätzung des Landgerichts Itzehoe, dass Irmgard F. durch ihre Dienstbereitschaft psychische Beihilfe zu den Mordtaten geleistet hat. Über den Schreibtisch der Stenotypistin war fast die gesamte Korrespondenz des Lagers gegangen.
Mehr als 60 000 Menschen in Stutthof gestorben
Im KZ Stutthof und seinen 39 Außenlagern waren nach Angaben des Dokumentationszentrums Arolsen Archives zwischen 1939 und 1945 etwa 110 000 Menschen aus 28 Ländern inhaftiert. Fast 65 000 überlebten nicht.
Ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung
Dieses Urteil gilt als ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Massenmorde. Es ist ein wichtiges Signal, dass auch nach vielen Jahren die Verantwortlichen für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden können.
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