Arbeit und Politik: Darf sich der Arbeitgeber in politische Debatten einmischen?

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Arbeit und Politik: Darf sich der Arbeitgeber in politische Debatten einmischen?

In Zeiten politischer Polarisation und gesellschaftlicher Debatten wächst die Frage, inwieweit sich Arbeitgeber in politische Diskurse einmischen dürfen. Die Grenzen zwischen Arbeit und Politik werden immer mehr verwischt. Viele Arbeitgeber sehen sich als gesellschaftliche Akteure, die ihre Meinung zu aktuellen Themen äußern sollten. Doch wie weit darf die Einmischung gehen? Darf der Arbeitgeber seine politischen Ansichten auf Kosten der Mitarbeiter äußern oder müssen Arbeitnehmer schützt werden? Diese Fragen werden in diesem Artikel beleuchtet und die möglichen Konsequenzen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber untersucht.

Arbeit und Politik: Darf sich der Arbeitgeber in politische Debatten einmischen?

Ob US-, Europa- oder Kommunalwahlen: Über Politik kann trefflich gestritten werden. Bestimmt auch mal am Arbeitsplatz. Aber darf sich die politische Einstellung eines Mitarbeiters auf das Arbeitsverhältnis auswirken? Und in welchen Situationen wird es kritisch?

Bei der Beantwortung dieser Fragen muss man verschiedene Situationen unterscheiden. Während der Arbeitszeit kann der Arbeitgeber zum Beispiel vorgeben, wie sich die Beschäftigten zu verhalten haben. Das kann etwa beinhalten, gegenüber Kunden keine politischen Äußerungen zu tätigen. Auch Vorgaben zum Erscheinungsbild sind möglich, wie Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg, erklärt. So kann es verboten werden, einen bestimmten politischen Button zu tragen, wenn Dritte diesen wahrnehmen können.

Meinungsfreiheit gilt auch bei der Arbeit

Meinungsfreiheit gilt auch bei der Arbeit

Während der Pausen dürfen Arbeitnehmer dem Juristen zufolge über den Ausgang einer Wahl ebenso diskutieren wie über Fußballergebnisse. Das gelte auch für das Mittagessen in der Werkskantine, so Fuhlrott. Auch eine Äußerung wie „Ich wähle die AfD, weil ich sie gut finde“ ist aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht verboten. „Die Meinungsfreiheit macht vor dem Arbeitsrecht keinen Halt“, sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin.

Allerdings dürfe der Betriebsfrieden nicht gestört werden. Bringt also der AfD-Sympathant das Parteiprogramm mit und drängt es den Kollegen so sehr auf, dass diese sich gestört fühlen, kann der Arbeitgeber eingreifen.

Strengere Regelungen für Beamte

Strengere Regelungen für Beamte

Für Beamte gelten teilweise strengere Regelungen. Auch Angestellte im öffentlichen Dienst sind der Verfassung verpflichtet, müssen für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten und dürfen also den Staat nicht aktiv bekämpfen.

Das Arbeitsrecht ist kein Strafrecht

Möchte ein Arbeitgeber eingreifen – etwa, weil ein Mitarbeiter den Betriebsfrieden stört – sind Abmahnungen oder im Wiederholungsfall die Kündigung denkbar. „Das ist allerdings immer vom Einzelfall abhängig“, sagt Meyer. Wichtig: „Das Arbeitsrecht ist kein Strafrecht“, betont der Rechtsanwalt. Es gehe also bei allen möglichen Sanktionen wie Kündigung oder Abmahnung nicht darum, einen Fehler aus der Vergangenheit zu bestrafen. Vielmehr seien alle Sanktionen zukunftsbezogen.

Als Arbeitgeber muss man sich daher fragen, ob er es sich erlauben kann, mit diesem Mitarbeiter auch in Zukunft zusammenzuarbeiten – oder ob das Vertrauensverhältnis irreparabel zerstört ist.

Politische Einstellung ist Privatsache

Und wie sieht es aus, wenn sich Arbeitgeber proaktiv ein Bild zur politischen Stimmung im Betrieb machen wollen? Grundsätzlich dürfen sie sich nicht für die Parteizugehörigkeit oder politische Einstellung ihrer Angestellten interessieren. „Werden sie doch gefragt, dürfen Mitarbeitende die Unwahrheit sagen“, sagt Peter Meyer.

Eine Ausnahme: Eine Partei möchte einen Mitarbeiter als Referenten einstellen. Dann dürfe gefragt werden, ob dieser die Parteiziele teilt, so Michael Fuhlrott. Die Partei darf dann auch die Mitgliedschaft zur Voraussetzung für die Einstellung machen.

Politische Aktivitäten in der Freizeit

Ein bekanntes Beispiel: Nachdem eine Gruppe junger Menschen rassistische Parolen in einer Bar auf Sylt gegrölt hatte und ein Video davon öffentlich wurde, soll einigen darin zu sehenden Personen gekündigt worden sein. Das geht laut Fuhlrott in den meisten Fällen nicht. Über das Arbeitsrecht lässt sich ein solcher Fall nur dann regeln, wenn man einen Bezug zum Arbeitgeber herstellen kann.

Diskutiert wird allerdings laut seinem Kollegen Peter Meyer, ob diejenigen nicht hätten wissen müssen, dass sie gefilmt werden und das Video sich im Internet wiederfinden könnte – sie und ihre Arbeitgeber also identifizierbar sind.

In ihrer Freizeit könnten Angestellte also zum Beispiel an Demonstrationen teilnehmen, bei denen rechtswidrige Inhalte geteilt werden – das ist arbeitsrechtlich ohne Relevanz. Ebenso könnten sie sich für die Klima-Initiative „Letzte Generation“ engagieren und in diesem Zusammenhang strafrechtlich relevante Taten begehen. Auch das hätte keine Konsequenzen am Arbeitsplatz.

Es gibt aber auch hier die Ausnahme, wenn sich ein Bezug zum Arbeitgeber herstellen lässt. Denkbar ist das etwa, wenn eine Person in Arbeitskleidung auftaucht oder derjenige ein Foto von sich auf der Demo postet und den Arbeitgeber markiert, die Arbeitsstelle erwähnt oder auf Berufsplattformen wie Linkedin oder Xing direkt mit seiner Arbeitsstelle in Verbindung zu bringen ist.

Das gilt auch für einen CEO oder Fußballer, die in besonderer Weise als Person mit dem Unternehmen beziehungsweise ihrem Verein identifiziert werden. In solchen Fällen kann der Arbeitgeber den Experten zufolge geltend machen, dass derartiges Verhalten diametral zu seinen Überzeugungen und Unternehmenswerten steht und sogar geschäftsschädigend ist.

Heike Schulze

Ich bin Heike, ein erfahrener Redakteur und der Chefredakteur der Website Hol Aktuell, einer generalistischen Zeitung mit nationalen und internationalen Nachrichten. Mit meiner langjährigen Erfahrung in der Branche sorge ich dafür, dass unsere Leser stets aktuelle Nachrichten mit Strenge und Objektivität erhalten. Meine Leidenschaft für den Journalismus und mein Engagement für qualitativ hochwertige Berichterstattung spiegeln sich in jedem Artikel wider, den wir auf Hol Aktuell veröffentlichen. Es ist mir wichtig, unseren Lesern verlässliche Informationen zu liefern und sie stets auf dem neuesten Stand zu halten.

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