Der Schlag von Solingen: Die ambivalente Haltung der Islamverbände

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Der Schlag von Solingen: Die ambivalente Haltung der Islamverbände

Am 29. Mai 1993 ging ein schockierendes Ereignis in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ein: der Brandanschlag auf eine türkische Familie in Solingen, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen. Der Anschlag von Solingen war ein Höhepunkt der fremdenfeindlichen Gewalt in Deutschland und löste landesweite Proteste und Trauer aus. Doch wie reagierten die Islamverbände auf diesen schweren Vorfall? In diesem Artikel werden wir die ambivalente Haltung der Islamverbände nach dem Anschlag von Solingen näher betrachten und analysieren, warum ihre Reaktionen so widersprüchlich waren.

Die Schwierigkeit der muslimischen Reaktion: Trauer, Entsetzen, aber auch Vermeidung des Islamismus-Kampfes

Die syrische Gemeinde in Solingen hat schnell reagiert. Als klar war, dass ein aus Syrien stammender Islamist das Attentat auf unbeteiligte Menschen begangen hatte, gehörten deren Vertreter mit zu den ersten Trauernden, die Blumen und Kerzen an der Stelle der Morde niederlegten. Ebenfalls fanden sich viele Muslime dort ein, um ihr Entsetzen und ihre Solidarität mit den Opfern zu zeigen.

Große Betroffenheit zeigte auch die liberale Ahmadiyya-Gemeinde bei ihrem jährlichen Treffen in Mendig. „Das war fürchterlich und vor allem hat es uns betrübt, weil es im Namen des Islam geschehen sein soll, durch den sogenannten Islamischen Staat (IS). Deshalb ist es für uns doppelt traurig, sagte der Imam Scharjil Khalid dem SWR.

Solinger Anschlag: Die ambivalente Haltung der Islamverbände stellt Fragen

Solinger Anschlag: Die ambivalente Haltung der Islamverbände stellt Fragen

Zum größten Treffen der muslimischen Gläubigen in Europa, das einmal im Jahr stattfindet, kamen rund 55.000 Menschen auf den ehemaligen Flugplatz der Bundeswehr-Heeresflieger. So eindeutig waren die Reaktionen der großen muslimischen Gemeinden nicht. Pflichtschuldig verurteilten der Zentralrat der Muslime in Deutschland und Burhan Kesici, der Vorsitzende des Islamrats, den Anschlag in Solingen. Allerdings erwähnte der Zentralrat in seiner Stellungnahme den islamistischen Hintergrund mit keiner Silbe.

Kesici warnte im „Deutschlandfunk“ vor allem vor einer Stigmatisierung der Muslime. Zu Recht, aber das kann erst der zweite Gedanke sein. Die der türkischen Regierung nahestehende Türkisch-Islamische Union Ditib, die unzählige Moscheen in Deutschland unterhält, sowie der Koordinationsrat der Muslime übergingen auf ihren jeweiligen Internetseiten das Attentat.

Der Islamismus-Kampf: Ein gespaltenes Bild bei den muslimischen Verbänden

Für den aus einer muslimischen Familie stammenden arabischen Israeli Ahmad Mansour ist das nicht verwunderlich. „Die meisten muslimischen Verbände versagen bei der Aufgabe, die islamistische Radikalisierung junger Männer zu verhindern. Sie sagen dazu nichts in den Freitagsgebeten oder auf ihren religiösen Veranstaltungen“, sagt der gelernte Psychologe und Publizist, der sich in Deutschland sehr um die Integration von Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten kümmert.

Er kommt zu dem ernüchternden Schluss: „Die muslimischen Verbände sind derzeit kein Partner im Kampf gegen den Islamismus.“ Starker Tobak, den die Verbände zurückweisen. „Fakt ist, dass sich der Zentralrat der Muslime in Deutschland insbesondere im Rahmen seiner Jugendarbeit in den Moscheegemeinden intensiv mit den Themen Radikalisierungsprävention, Rassismusbekämpfung und interreligiösem Dialog auseinandersetzt“, sagte der ZMD auf Anfrage der Rheinischen Post.

Ein gespaltenes Bild. Die offiziellen Vertreter der Muslime bekunden zwar ihre Trauer, aber vermeiden jeglichen Bezug zum Islam, als ob auch die Verurteilungen von Irrwegen in dieser Religion nicht statthaft sei. Der Islamismus-Kritiker Mansour verweist darauf, dass eine Ablehnung der radikalen Strömungen für gemäßigte Muslime mitunter gefährlich sein könnte. Deshalb die Zurückhaltung.

Umgekehrt würden viele Angehörige des Islam in Deutschland gerade eine solche Haltung erwarten. Denn ein Großteil der Muslime ist besorgt, dass sich die Wut über den Anschlag auch gegen sie richten könnte, sie also unberechtigterweise in Mithaft genommen würden.

Der deutsche Staat, Teil des Problems. Auch der deutsche Staat, der zum Teil eng mit den muslimischen Verbänden zusammenarbeitet, sei Teil des Problems. „Viele Muslime, die den Terror im Namen des Islam verabscheuen, sind sehr verärgert über die Untätigkeit des deutschen Staats. Der wird in ihren Augen viel zu wenig präventiv tätig gegen Terror und islamistische Tendenzen“, meint Mansour.

Es ergibt sich also ein zwiespältiges Bild. Die Trauer und das Entsetzen sind bei den Muslimen in ähnlicher Weise vorhanden wie bei den anderen Menschen in Deutschland. Die Konsequenz im Kampf gegen den Islamismus ist dagegen nach Ansicht von Kritikern bei den etablierten Verbänden nicht so ausgeprägt.

Der Anschlag von Solingen, so schrecklich er ist, könnte der Anlass für eine Neubestimmung auf beiden Seiten sein: Ernsthaft und konsequent über Islamismus und undemokratische Elemente im Islam nachzudenken und sie entschieden bekämpfen.

Ursula Herrmann

Ich bin Ursula, Journalistin bei der Webseite Hol Aktuell. Als Generalistin berichte ich über nationale und internationale Nachrichten mit Strenge und Objektivität. Meine Artikel sind immer aktuell und informativ, um unseren Lesern die wichtigsten Ereignisse des Tages zu präsentieren. Mit meiner Leidenschaft für Journalismus und meinem Engagement für die Wahrheit strebe ich danach, unsere Leser stets gut informiert zu halten.

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