Titel der Notiz: Jürgen Habermas' pessimistische Weltansicht

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Titel der Notiz: Jürgen Habermas' pessimistische Weltansicht

Der deutsche Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas hat in seinem letzten Werk eine pessimistische Weltansicht dargelegt. Der 92-jährige Intellektuelle sieht die Zukunft der Menschheit mit Sorge und Zweifel. In seinem Buch analysiert Habermas die gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen und kommt zu dem Schluss, dass die Demokratie und die Menschlichkeit in Gefahr sind. Der Philosoph warnt vor der Aushöhlung der demokratischen Institutionen und der Zunahme nationalistischer und populistischer Tendenzen. Seine pessimistische Sicht auf die Zukunft der Welt hat in Deutschland und Europa für Weitgehendes Interesse und Kontroversen gesorgt.

Habermas' pessimistische Weltsicht: Ein Lebenswerk des Denkens und Handelns

Die Enttäuschung saß tief. Und sie ist bis heute tief eingebrannt geblieben im Empfinden eines Mannes, der zu den großen Denkern unserer Zeit gehört, zu einem der wichtigsten in Europa, manche behaupten gar der Welt.

Jürgen Habermas: Von der Enttäuschung zum Auftrag

Jürgen Habermas: Von der Enttäuschung zum Auftrag

Dies ist die Geschichte von Jürgen Habermas, kürzlich 95 Jahre alt geworden, der als junger Student eine bittere und radikale Lehre erfahren musste. Wie unverstellt nämlich viele Deutsche nach dem Krieg „den notwendigen Bruch mit der Nazizeit vermissen“ ließen. Und wie auf einer Wahlkampfveranstaltungen in Göttingen zum 1. Deutschen Bundestag 1949 die erste Strophe des Deutschlandliedes angestimmt wurde.

Ein Schock wurde es für den 1929 in Düsseldorf geborenen jungen Mann, der sich nach eigenen Worten seine Vorstellungen von Demokratie vorwiegend aus Büchern erworben hatte. „Ich habe das Gejohle des Saales noch im Ohr, das ausbrach, als ich beim Anstimmen aus dem Saal stürmte.“

Dieses Gejohle ist ihm bis heute zum Auftrag und damit zum Lebenswerk geworden – Aufklärung nämlich keineswegs als etwas Zwangsläufiges oder Selbstverständliches anzunehmen: „Es musste etwas besser werden, und es lag an uns, ob sich die Welt zum Bessern verändern würde.“

Habermas

Habermas' Buch: Von der Göttinger Episode zum pessimistischen Weltbild

Das ist auch der Titel seines neuen Buches, „Es musste etwas besser werden …“, der erst im Kontext der Göttinger Episode das Ratgeberhafte verliert.

Tatsächlich steht diese Begebenheit am Anfang eines philosophischen Projektes. Und dass mit dem Wunsch nach Verbesserung jetzt seine Lebenserinnerungen überschrieben sind, zeigt auch, dass das Gejohle nicht mehr aus seiner Erinnerung verschwunden ist.

Zwar ist das Buch „nur“ ein sehr langes Interview, allerdings stellten der Soziologe Stefan Müller-Doohm und der Habermas-Interpret Roman Yos ihre Fragen lediglich per Mail. So sind es kaum mehr als ein paar Stichworte und Zwischenrufe geworden, auf die Habermas jeweils über mehrere Seiten detailliert Auskunft gibt.

Wozu es dann solcher Stimulationen überhaupt bedurfte, erschließt sich im Laufe der insgesamt gut 250 Seiten immer weniger.

Habermas' Philosophie: Die Philosophie sollte sich am Leben orientieren, sie sollte – einfach formuliert – die Welt besser machen, wie er sagt. Und dazu gehört für ihn vor allem seine Theorie des kommunikativen Handelns, die mehr eine Utopie ist und nur in einem herrschaftsfrei geführten Dialog gelingen kann.

Pessimismus: Ob dies aber je Wirklichkeit wird, bleibt fraglich. Ohnehin sind seine Rück- und Ausblicke durchzogen vom Pessimismus eines aufmerksamen Zeitgenossen, der „seit längerem Zerfallstendenzen der Öffentlichkeit in den USA“ beobachtet.

Dazu gehört für ihn auch der Kapitalismus, der sich nach Ende des Kalten Krieges weltweit durchgesetzt habe und nicht mehr zu revolutionieren sei. „Vielmehr können seine destruktiven Kräfte nur noch von innen gezähmt werden.“

Krisenherde in aller Welt: Schließlich und vor allem: die vielen Krisenherde in aller Welt und ihre Kriege. Es beunruhigt ihn zutiefst, dass sich „inzwischen das Bewusstsein der politischen Eliten im Westen von der Logik des Krieges mehr und mehr vereinnahmen lässt“.

Zwar verurteilt Habermas die völkerrechtswidrige Invasion der Russen scharf, doch kritisiert er ebenso einen nach seinen Worten konzeptionslosen Westen, also das Fehlen einer „rechtzeitigen Initiative angesichts der Barbarei eines Krieges, dessen festgefahrenes und perspektivloses Andauern der Westen mitverantwortet“.

Durch diese Kritik zeigt sich Habermas als ein zunehmend pessimistischer Denker. Es steht die Furcht vor einer „politischen Regression“ unter seiner Aufzählung bedrohlicher Entwicklungen: wie die weltweite Enthemmung barbarischer Gewalt, die Erosion der gesellschaftlichen Integration in unseren Gesellschaften, der Zerfall liberaler politischer Kulturen, die Auflösung demokratischer Parteiensysteme, die Zerstörung von politischer Öffentlichkeit.

Aber vielleicht, so Habermas, entspringe seine überaus schwarze Sicht „nur seinem subjektiven Alterspessimismus“. Jürgen Habermas ist stets ein Frühwarnsystem gewesen für gefährliche Entwicklungen. Und so verdienen seine Worte weiterhin Beachtung.

Auch sein Göttinger Hymnen-Erlebnis als damaliger Erstsemester hat er nicht vergessen können. Geblieben ist ihm ein allgemeiner Widerstand gegen die historisch im Grunde unverdächtige Nationalhymne: Als Roman Herzog 1994 zum Bundespräsidenten gewählt wurde, bat Habermas seinen Sitznachbarn Peter Glotz darum, ihm rechtzeitig Bescheid zu geben, wenn die Hymne gesungen wird – damit er rechtzeitig vor dem Lied den Saal verlassen konnte.

Die Worte von Jürgen Habermas verdienen Beachtung, auch wenn sie pessimistisch sind. Sie sind ein Frühwarnsystem für gefährliche Entwicklungen und mahnen uns, auf die Welt zu achten und sich für eine bessere Zukunft einzusetzen.

Udo Mayer

Ich bin Udo, ein erfahrener Redakteur und Chefredakteur der Website Hol Aktuell. Als Generalistische Zeitung bieten wir nationale und internationale Nachrichten mit Strenge und Objektivität. Mit meiner langjährigen Erfahrung in der Branche leite ich ein Team von talentierten Journalisten, um unseren Lesern stets aktuelle und relevante Informationen zu liefern. Meine Leidenschaft für journalistische Exzellenz treibt mich an, sicherzustellen, dass unsere Artikel fundiert und ausgewogen sind. Bei Hol Aktuell steht die Qualität der Berichterstattung an erster Stelle.

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