Corona und Psyche bei Kindern: Eine Studie zum Lockdown und der Gehirnreifung
Die Corona-Pandemie hat nicht nur den physischen Gesundheitszustand von Kindern beeinträchtigt, sondern auch ihre psychische Gesundheit stark belastet. Insbesondere der Lockdown hat bei vielen jungen Menschen zu Angstzuständen, Depressionen und Schlafstörungen geführt. Eine neue Studie untersucht nun die Auswirkungen des Lockdowns auf die Gehirnreifung von Kindern und Jugendlichen. Die Ergebnisse sind alarmierend: Die Studie zeigt, dass der Lockdown die soziale und emotionale Entwicklung von Kindern negativ beeinflusst hat. Im Folgenden werden wir die Ergebnisse dieser Studie genauer betrachten und die Konsequenzen für die Zukunft diskutieren.
Die Corona-Pandemie hat weltweit und auch in Deutschland zu einer vermehrten psychischen Belastung in der Bevölkerung geführt. Schulschließungen und Isolation haben besonders Kindern und Jugendlichen nicht gutgetan. Eine neue Studie, veröffentlicht im Journal PNAS, sieht nun einen möglichen Zusammenhang zwischen der Zunahme psychischer Erkrankungen nach der Pandemie und einer schnelleren Gehirnreifung bei Kindern und Jugendlichen während der Lockdown-Phasen.
Die Studie
Die Studienmacher zeigten, dass die Gehirnrinde Heranwachsender in diesem Zeitraum schneller dünner wurde als normalerweise in dieser Entwicklungsphase üblich. Dass die Gehirnrinde bei Heranwachsenden schmaler wird, gehört zur normalen Hirnreifung dazu. Der Studie zufolge geschah dieser Prozess bei den untersuchten Kindern aber deutlich schneller – bei Mädchen lag die durchschnittliche Beschleunigung der Gehirnentwicklung demnach bei 4,2 Jahren, bei Jungen waren es 1,4 Jahre.
Schnellere Hirnreifung mag für den Laien positiv klingen, laut den Studienmachern kann eine vorschnelle Verdünnung der Gehirnrinde aber negative Folgen haben, etwa ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung neuropsychiatrischer und verhaltensbezogener Störungen.
Kritik an der Studie
Zu ihren Ergebnissen kamen die Studienautoren durch Datenabgleiche: Noch vor der Pandemie, im Jahr 2018, hatten sie mithilfe von MRT-Aufnahmen die Gehirnentwicklung von 160 Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen neun und 17 Jahren dokumentiert. Aus diesen Daten erstellten sie ein Vergleichsmodell für die Entwicklung von Gehirnen in den verschiedenen Altersklassen.
Die Forscher verglichen die während und zum Ende der Pandemie gesammelten Daten mit ihrem vorpandemischen modellierten Standard. Einen direkten Zusammenhang zwischen der Dicke der Gehirnrinde und der psychischen Gesundheit der Kinder und Jugendlichen untersuchten sie nicht.
Expertinnen und Experten, die nicht an der Studie beteiligt waren, bewerten die Ergebnisse kritisch. Sofie Valk vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig sagte gegenüber dem Science Media Center (SMC): Die Studie lässt viele Fragen offen und kann ihre Aussagen nicht gut belegen.
Lise Eliot, Professorin für Neurowissenschaften am Stanson Toshok Center der Rosalind Franklin University in Nord-Chicago, sieht den gemessenen Unterschied zwischen den Geschlechtern skeptisch: Der Geschlechtsunterschied könnte also eher ein Pubertätseffekt sein als ein Geschlechtsunterschied an sich.
Derek Hill, Professor für Medizinische Bildgebung am University College in London, blickt zurückhaltend auf die Studienergebnisse. Vor allem die recht kleine Anzahl der Studienteilnehmer reduziert das Vertrauen, das wir in die Schlussfolgerungen haben können.
Um einen tatsächlichen wissenschaftlichen Mehrwert über mögliche Einflüsse der Pandemie auf die mentale Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zu erhalten, bedürfe es unbedingt weiterer Untersuchungen.
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