Selbsthilfegruppe in Brüggen setzt sich für Opfer der Zwangs Adoption ein

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Selbsthilfegruppe in Brüggen setzt sich für Opfer der Zwangs Adoption ein

In der Stadt Brüggen hat sich eine Selbsthilfegruppe gebildet, die sich für die Opfer der Zwangs Adoption einsetzt. Die Gruppe, bestehend aus Betroffenen und Unterstützern, möchte sich für die Rechte und Interessen derjenigen einsetzen, die in der Vergangenheit Opfer von Zwangsadoptionen wurden. Durch diese Initiative sollen die Betroffenen eine Stimme erhalten und ihre Erfahrungen teilen können, um so die gesellschaftliche Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken. Die Gruppe setzt sich für die Anerkennung der Opfer und die Wiedergutmachung ein, um den Betroffenen Gerechtigkeit zu verschaffen.

Rückkehr zu dunklen Erinnerungen: 57-jährige Iris sucht Opfer von ZwangsAdoptionen

Wenn die 57-jährige Iris an das Frühjahr 1975 denkt, ist das nicht mit den schönsten Erinnerungen verknüpft. Damals war sie acht Jahre alt und nahm an einer damals gängigen Kinderverschickung teil. „Kinder wurden mit vielen weiteren Kindern gemeinsam in Kur geschickt. Ich habe dort Erfahrungen gemacht, die mich bis heute prägen und teilweise sogar beeinträchtigen“, sagt sie.

Vor diesem Hintergrund sucht sie jetzt Menschen, die ebenfalls an diesen Verschickungen teilgenommen haben. „Ich würde mich gerne mit ihnen austauschen. Vielleicht gibt es sogar welche, die mit mir zusammen in der Kurklinik im Allgäu waren“, hofft die Dülkenerin, die in Brüggen aufwuchs.

Schwarze Pädagogik: Überlebende von Kinderverschickungen suchen Austausch

Schwarze Pädagogik: Überlebende von Kinderverschickungen suchen Austausch

Sie spricht nicht von sexuellem Missbrauch, sondern von einem subtilen Umgang, den sie erleben musste. Die 57-Jährige bezieht sich auf die sogenannte „Schwarze Pädagogik“. Dahinter verbergen sich Erziehungsmethoden, die mit Strafen, Kontrolle, Gewalt, Demütigungen oder Einschüchterungen verbunden sind.

So wurde sie beispielsweise genau wie die anderen Kinder gezwungen, einen Mittagsschlaf zu halten. „In der Nacht durfte man nicht auf die Toilette gehen, wenn ich mal einmal musste. Als ich von dieser Kur nach Hause kam, war ich eine Bettnässerin, was sich meine Eltern überhaupt nicht erklären konnten, da dieses Problem vorher in keiner Weise bestand“, erzählt Iris. Den Geruch von Urin kann sie bis heute nicht ertragen.

Zumal es so war, dass in der Kur, wenn es aufgrund des verbotenen Toilettenganges zu einem „Unfall“ kam, die Kinder mit kaltem Wasser abgespritzt wurden. Sie erinnert sich auch noch mit Grausen daran, dass sie und die anderen Kinder gezwungen wurden, alles aufzuessen, was auf den Teller gepackt wurde.

Erinnerungen an die dunkle Zeit: Iris sucht Gleichgesinnte für Austausch über ZwangsAdoptionen

„Es soll in den Kinderverschickungen auch zu Medikamententests an Kindern gekommen sein. Ich selber erinnere mich in meinem Fall an so etwas allerdings nicht“, sagt Iris. Dafür erinnert sie sich genau daran, dass sie vorgegebene Briefe nach Hause schicken musste. Ein Text wurde auf eine Tafel geschrieben und die Kinder mussten diesen abschreiben.

Sie selber hatte im Rahmen der Verschickung Geburtstag und erhielt von ihrer Mutter eine Karte, auf der die sich beklagte, dass Iris sich für ihr Geburtstagsgeschenk in ihrem nach Hause geschickten Brief nicht bedankt hätte. Die Achtjährige konnte sich nicht bedanken, da sie das Geschenk überhaupt nicht erhalten hatte. Es wurde von den Betreuern abgefangen und gar nicht an sie weitergeleitet.

Wer ebenfalls seine persönlichen Erfahrungen in Sachen Kinderverschickung gemacht hat und sich vorstellen kann, sich in einer Gruppe zwecks Austausch zu treffen oder ein Zeitzeuge der Verschickungen wie beispielsweise Betreuer oder Ärzte ist, kann per Mail mit Iris Kontakt aufnehmen an [email protected] oder sich bei der BIS-Selbsthilfekontaktstelle in Brüggen unter 02163 5622 melden. Bei Interesse soll ein erstes gemeinsames Treffen im BIS in Brüggen angeboten werden.

„Meine Intention ist es nicht, ein Fass aufzumachen und jemanden anzuklagen. Mir geht es bei den Treffen um den Austausch. Ich möchte meine eigene Geschichte aufarbeiten und Gleichgesinnte finden“, betont sie, da sie selber eine Retraumatisierung im Alter erfahren muss.

Die Kurklinik, wo das alles passierte, existiert heute noch. Um eigene Erinnerungslücken zu schließen versuchte Iris Kontakt aufzunehmen. Doch bislang wurden ihre Anfragen abgeblockt. Auch über die beteiligte Krankenkasse sind keine Informationen abrufbar.

„Das finde ich persönlich merkwürdig. Zumal ich meine Hintergründe dieser Fragen erklärt habe. Ich möchte mit meiner Retraumatisierung klar kommen und dafür benötige ich weitere Informationen und das auch von Beteiligten der Verschickungen“, sagt Iris.

Holger Hofmann

Ich bin Holger, ein erfahrener Redaktionsleiter von Hol Aktuell, einer generalistischen Zeitung mit nationalen und internationalen Nachrichten. Mein Team und ich sind bekannt für unsere strenge und objektive Berichterstattung. Mit meiner langjährigen Erfahrung als Journalist habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, unseren Lesern stets aktuelle und relevante Informationen zu bieten. Meine Leidenschaft für den Journalismus treibt mich jeden Tag an, die besten Geschichten zu finden und sie professionell aufzubereiten.

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