Hallig Hooge: Verlassen im Wattmeer

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Hallig Hooge: Verlassen im Wattmeer

Die Hallig Hooge, eine der bekanntesten und beliebtesten Inseln im Wattmeer vor der nordfriesischen Küste, steht vor einer neuen Herausforderung. Die Insel, die von Jahr zu Jahr mehr und mehr unter dem Einfluss des Klimawandels und der steigenden Wasserstände leidet, wird nun von den Behörden als verlassen erklärt. Dies bedeutet, dass die Insel in Zukunft nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird. Die Umweltschützer warnen vor den Folgen dieser Entscheidung und fordern alternative Lösungen, um die Insel und ihre einzigartige Natur zu schützen.

Hallig Hooge: Ein Paradies im Wattmeer

Blauer Himmel, ein paar weiße Wölkchen, kräftiger Wind von Südwest – die „MS Hilligenlei“ gleitet ruhig durch das Nordfriesische Wattenmeer auf die Hallig Hooge zu. Heute bringt die Fähre einen Viehtransporter, einen Kastenwagen, einen Traktor und etwa 60 Tagesbesucher und Urlaubgäste auf das kleine Eiland vor der deutschen Nordseeküste.

Ruhe und Weite auf der Hallig Hooge

Ruhe und Weite auf der Hallig Hooge

Touristen, die hierherkommen, suchen und finden auf Hooge vor allem eines: Abgeschiedenheit. Langweilig ist es auf der zweitgrößten der zehn Halligen indes nicht. Im Gegenteil. Hooge ist faszinierend. Im Wattenmeer prägen die Gezeiten das Leben. Das war schon immer so. Entstanden sind die Halligen über Jahrhunderte. Ursprünglich befand sich an ihrer Stelle ein geschlossenes, kultiviertes Marschland. Große Sturmfluten insbesondere im 14. und im 17. Jahrhundert zerrissen die Landschaft.

InfoHallig Hooge

Die Hallig Hooge erreicht man nur per Schiff. Die Fähre „MS Hilligenlei“ (Telefon: 04681 800) transportiert ganzjährig – im Sommer täglich – von Schlüttsiel (Festland) aus Personen, Fahrzeuge und Güter. Von Nordstrand, Wittdün und Hörnum aus erreicht man die Hallig mit der „MS Adler-Express“ (Telefon: 04651 9870888). Mit dem eigenen Schiff kommt man in den Hooger Seglerhafen (Breite der Schleusendurchfahrt: 4,78 Meter), der Platz für 25 Boote (maximaler Tiefgang: 1,80 Meter) bietet.

Die einzigartige Naturperle in der Nordsee

Die einzigartige Naturperle in der Nordsee

Die Hallig ist 5,5 Quadratkilometer groß. Auf zehn Warften leben rund 100 Bewohner, davon elf Kinder im schulpflichtigen Alter und vier Kleinkinder. Es gibt ein Hotel, zwei Restaurants, einen Imbiss und zwei Cafes. Die Zahl der Gästebetten inkl. Gruppenunterkünften: rund 350. 2023 zählte die Hallig Hooge 56.000 Tagesgäste.

Weitere Informationen unter www.hooge.de

Nicht einmal 300 Meter vom Fähranleger entfernt liegt die Backenswarft. Sie ist eine von zehn bewohnten Warften auf der Hallig Hooge. Auf dem aufgeschütteten Erdhügel leben in einem Dutzend Gebäude 15 Menschen und 20 Kühe, Zugpferde, Schafe und Hühner, die den größten Teil des Jahres auf der um die Warft gelegenen Weide verbringen.

Die künstlichen, bis fünf Meter hohen Erhebungen sind die Zufluchtsorte für die Menschen und Tiere, wenn die Hallig mal wieder überflutet wird. Das passiert regelmäßig. Im vergangenen Winter zwölf Mal. Zwar ist die Hallig Hooge ringsum von einem Steindeich umgeben, der den stürmischen Angriffen des Meeres trotzen soll, doch Sicherheit vor dem „blanken Hans“, wie Norddeutsche die tobende Nordsee bei Sturmflut nennen, bieten nur die Häuser auf den Warften.

Sie zeichnet etwas Besonderes aus: Nach der großen Sturmflut 1962 wurde in jedem Hallighaus ein Zimmer im oberen Stockwerk als Schutzraum ausgebaut, der auf extrastabilen Betonpfeilern steht. Hier können die Bewohner – so die Hoffnung – überleben, selbst wenn das restliche Haus den Wellen zum Opfer fallen sollte.

Auf der Backenswarft gibt es einen Fahrradverleih und einige Ferienunterkünfte. Eine gehört Karola und Werner Diedrichsen. Von April bis September vermietet das Ehepaar im „Hus In Lee“ vier Zimmer mit Frühstück. Was schätzen ihre Gäste an Hooge? „Die Einzigartigkeit“, sagt Karola. „So kann man beispielsweise von jedem Punkt der Hallig aus das Wasser sehen.“ Die Ruhe und die Weite, die Erholung versprechen – das sind die Trümpfe der Naturperle in der Nordsee.

Daneben ist als Attraktion eigentlich nur der „Königspesel“ zu erwähnen, ein betagtes Kapitänshaus auf der Hanswarft, das so erhalten ist, wie es vor 350 Jahren eingerichtet wurde. „Pesel“ wird auf den Halligen die gute Stube des Hauses genannt. Auf Hooge sind die meisten mit handgemalten Delfter Kacheln verziert. Einen Besuch wert sind auch die Schutzstation Wattenmeer und die Halligkirche aus dem 17. Jahrhundert mit Gegenständen, die an die sturmflutreiche Geschichte der Halligen erinnern.

In jedem Hallighaus gibt es oben ein Notfallzimmer.

Foto: Jürgen Hoffmann

Auf die Hallig kommen neben den zweibeinigen Gästen auch vierbeinige: Im Frühjahr werden hunderte Kühe, Pferde und Schafe vom Festland auf die Hallig gebracht, um auf den saftigen Weiden mitten im Wattenmeer groß und kräftig zu werden. Ihre Nebenaufgabe: Landschaftspflege. Die Tiere halten das Gras kurz und stabilisieren auf diese Weise den Boden der Hallig. Weil sie im Herbst wieder aufs Festland gebracht werden, nennen die Einheimischen sie „Pensionsvieh“.

Auch Zugvögel und bis zu 18.000 Ringelgänse legen im Frühjahr auf den von Prielen und Gräben durchzogenen Seegraswiesen einen Zwischenstopp zum Fressen ein. Um die Vogelinvasion zu beobachten, kommen dann auch Ornithologen und private Vogelfreunde auf die Hallig.

Und doch: Bürgermeister Michael Klisch ist angesichts sinkender Übernachtungszahlen – 2023 wurden rund 20.000 gezählt, 2019 noch 45.000 – überzeugt: „Hallig zu sein, reicht nicht. Wir müssen attraktiver werden.“ In den vergangenen Jahren habe Hooge es versäumt, sich weiterzuentwickeln. Klisch nennt ein Beispiel: „Die Schaukel, auf der ich 1975 gesessen habe, als ich als Zehnjähriger zum ersten Mal auf der Hallig war, gibt es heute noch.“ Man müsse investieren, den Gästen mehr bieten. Und nicht nur denen: „Wir brauchen mehr junge Familien, die dauerhaft bei uns leben wollen“, verweist der Bürgermeister auf die Überalterung seiner Gemeinde.

Das möchte auch Anja Ley, die an der Halligschule elf Kinder zwischen sieben und 15 Jahren stufenübergreifend in einem Klassenraum unterrichtet: „Das ist pädagogisch eine Herausforderung, macht aber viel Spaß, weil wir digital gut ausgestattet sind und es bei uns weniger laut zugeht als etwa an einer Brennpunktschule.“

Es gibt viel Ungewöhnliches auf der Nummer 1 im Weltnaturerbe Wattenmeer, so manches Gewohnte indes nicht. Zum Beispiel keine Ampel. Vereinzelte Autos allerdings schon. Und es gibt auch keine Hebamme auf der Marschinsel. Und keinen Arzt. Verletzt sich jemand, übernimmt das Fachpersonal der Krankenpflegestation die Erstversorgung. In Notfällen wird ein Hubschrauber angefordert, der den Patienten aufs Festland fliegt.

Fazit: Ferien auf Hallig Hooge sind ein unvergessliches Erlebnis. Die Ruhe und die Weite der Natur übertragen sich nach innen, die Enge und die Zwänge des Alltags verwehen. Erholung pur.

Udo Mayer

Ich bin Udo, ein erfahrener Redakteur und Chefredakteur der Website Hol Aktuell. Als Generalistische Zeitung bieten wir nationale und internationale Nachrichten mit Strenge und Objektivität. Mit meiner langjährigen Erfahrung in der Branche leite ich ein Team von talentierten Journalisten, um unseren Lesern stets aktuelle und relevante Informationen zu liefern. Meine Leidenschaft für journalistische Exzellenz treibt mich an, sicherzustellen, dass unsere Artikel fundiert und ausgewogen sind. Bei Hol Aktuell steht die Qualität der Berichterstattung an erster Stelle.

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