Politik mit Bücherverboten: Verbote von Büchern schaden der Demokratie (Meinung)

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Politik mit Bücherverboten: Verbote von Büchern schaden der Demokratie (Meinung)

In Deutschland erleben wir derzeit einen wachsenden Trend, der besorgt stimmen sollte: die Zensur von Büchern. Im Namen der politischen Korrektheit oder der Vermeidung von harmful content werden immer mehr Werke der Literatur verboten oder zensiert. Dieser Prozess ist höchst problematisch, denn er greift massiv in die freiheitliche Gesellschaft ein und schränkt die Menschenrechte ein. Die Frage bleibt, warum die Politik immer mehr versucht, die Meinungsfreiheit einzuschränken, anstatt sich für eine offene und ehrliche Diskussion einzusetzen.

Die Zensur der Buchwelt: Ein Angriff auf die Freiheit und die Kultur?

In den USA tobt ein Kulturkampf – und der richtet sich auch gegen das geschriebene Wort. Laut dem amerikanischen Bibliotheksverband „American Libraries Association (ALA) wurde alleine im vergangenen Jahr gegen mindestens 4,240 unterschiedliche Bücher ein Verbotsantrag gestellt. Zum Vergleich: 2014 waren es nur 183.

Die von der ALA dokumentierten Anträge kommen häufig von konservativen oder rechten Politikern und Elternverbänden. Ziel ist es, die Bücher aus Bibliotheken oder Schulbüchereien zu entfernen. Die Begründung: Die Werke seien anstößig und nicht für Jugendliche oder die Gesellschaft geeignet.

Das Muster der Verbotsversuche

Das Muster der Verbotsversuche

Die Verbotsversuche lassen ein Muster erkennen. Die Vorstöße richten sich in der Regel gegen Bücher, die Themen wie Krieg, Rassismus, Suizid oder Homosexualität behandeln. Sprich: Themen, an denen erzkonservative Menschen ihre Überzeugung deutlich machen können.

Bekanntes Beispiel für „Challenged Books“, also Werke, gegen die viele Verbotsgesuche vorliegen, sind „Vielleicht lieber Morgen“ von Stephen Chbosky, ein Buch, in dem es um den Teenager Charlie geht, dessen bester Freund sich das Leben genommen hat – oder „All Boys aren‘t blue“ von George M. Johnson, in dem der amerikanische Journalist vom Aufwachsen als schwarzer, queerer Junge in New Jersey erzählt.

Der Versuch der Einflussnahme in Deutschland

Der Versuch der Einflussnahme in Deutschland

Auch in Deutschland sind zunehmend Versuche der „Einflussnahme in Bibliotheken“ zu beobachten, wie der Deutsche Bibliotheksverband (dbv) berichtet. So gaben 2019 in einer internen Umfrage rund 40 Bibliotheken an, vor allem von privater Seite Anfragen zur Entfernung von Medien erhalten zu haben. In der Bezirksbibliothek Tempelhof-Schöneberg seien außerdem wiederholt Bücher, die sich kritisch mit Rechtsextremismus auseinandersetzen, zerschnitten worden.

Die Bedeutung von Bibliotheken

Die Bedeutung von Bibliotheken

Häufig werden Verbotsgesuche mit der „Anstößigkeit“ oder „Ungeeignetheit“ von Werken begründet. Doch sollten Menschen und besonders junge Menschen alles lesen dürfen, was nicht gegen das Gesetz verstößt. Also nicht nur romantische Komödien und Kindergeschichten. Der dbv formuliert es so: Eine Bibliothek ist genau dafür da, einen ausgewogenen Medienbestand aufzubauen und zur Verfügung zu stellen. Der Versuch, strategisch Bücher zu entfernen oder diese zu zerstören, ist also meistens nichts anderes, als der Versuch, Geschichte und Lebensrealitäten aus der Wahrnehmung verdrängen.

Bücher wie „Vielleicht lieber morgen“ oder „All Boys aren‘t blue“ behandeln keine leichten Themen. Es geht um Sexualität, Rassismus, negative Gefühle und manchmal auch um Missbrauch. Doch auf genau diese Weise wird Repräsentation geschaffen. Wer selbst betroffen ist, findet durch das Lesen Identifikationspotenzial und vielleicht sogar Unterstützung. Wer es nicht ist, lernt die Realität anderer Menschen kennen. Das ist besonders in jungen Jahren wichtig: Kinder und Jugendliche sollten früh in ihrem Leben verstehen, was Rassismus oder Diskriminierung ist – damit sie dieses Muster erkennen und durchbrechen können.

Kritik an der Zensur

Kritik an der Zensur

Auch von liberaler Seite gibt es in den USA immer mal wieder Versuche, Bücher, die als diskriminierend oder beleidigend empfunden werden, von Leselisten an Schulen zu streichen. Darunter zum Beispiel der Klassiker „Wer die Nachtigall stört“ von Harper Lee aus dem Jahr 1960 wegen der Verwendung von Begriffen, die heute als rassistisch empfunden werden oder Ressentiments befördern können.

Zwar finden diese Versuche nicht mit der gleichen Vehemenz wie von rechter Seite statt – der falsche Weg sind sie aber auch. Natürlich ist gerade bei der Reproduktion von diskriminierenden und rassistischen Inhalten größte Vorsicht geboten. Diskriminierende Begriffe sollten außerdem nicht übernommen werden. Der entscheidende Faktor ist aber Einordnung – etwas, was gerade in der Schule eigentlich sehr gut geleistet werden kann. Anstatt Rassismus oder Diskriminierung aus dem kollektiven (literarischen) Gedächtnis zu streichen und zu ignorieren, sollten diese Themen besprochen werden. Denn nur so kann tatsächliche Aufklärung stattfinden.

Der Versuch der Einflussnahme kann also auch auf Widerstand stoßen. Die Bibliothek in Tempelhof-Schöneberg hat die zerstörten Bücher über Rechtsextremismus anschließend besonders präsentiert, die Stadtbibliothek in Neuss stellte die gleichen Werke aus Solidarität sogar in Vitrinen aus.

Holger Hofmann

Ich bin Holger, ein erfahrener Redaktionsleiter von Hol Aktuell, einer generalistischen Zeitung mit nationalen und internationalen Nachrichten. Mein Team und ich sind bekannt für unsere strenge und objektive Berichterstattung. Mit meiner langjährigen Erfahrung als Journalist habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, unseren Lesern stets aktuelle und relevante Informationen zu bieten. Meine Leidenschaft für den Journalismus treibt mich jeden Tag an, die besten Geschichten zu finden und sie professionell aufzubereiten.

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