New York: Warum Manhattan einst 'Kleines Deutschland' war

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New York: Warum Manhattan einst 'Kleines Deutschland' war

Die Geschichte von New York City ist eng mit der deutschen Einwanderung verbunden. Weniger bekannt ist jedoch, dass Manhattan einst als Kleines Deutschland bezeichnet wurde. Tatsächlich war die Region um die Mitte des 19. Jahrhunderts ein Zentrum der deutschen Kultur und des deutschen Einflusses in den Vereinigten Staaten. Deutsche Einwanderer, die nach Amerika kamen, um eine neue Heimat zu suchen, fanden in Manhattan eine Stadt, die ihnen vertraut war und ihre Traditionen und Bräuche aufnahm. Doch was genau hat zu dieser Entwicklung geführt und wie hat sich die deutsche Präsenz in Manhattan entwickelt? In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Geschichte von Kleines Deutschland in New York City.

Einst Kleines Deutschland - Wie die USS General Slocum das Schicksal New Yorks' Deutschsprachiger veränderte

Die Ottendorfer Bücherei ist ein solider Backsteinbau, auf dessen Fassade Freie Bibliothek und Lesehalle steht. In dem Bau von 1884 ist noch heute eine Bücherei - die sich aus deutscher Sicht dadurch auszeichnet, dass sie nicht in irgendeiner bundesrepublikanischen Kleinstadt steht, sondern mitten an der belebten 2nd Avenue in Manhattan.

Denn einst beherbergte die US-Ostküstenmetropole eine blühende deutsche Gemeinde, mit deutschem Essen, deutschem Brauchtum und deutscher Sprache - um 1850 lebte hier die drittgrößte deutschsprachige Bevölkerung weltweit nach Berlin und Wien. Little Germany im heutigen East Village und in der Lower East Side in Manhattan boomte, so wie Chinatown und Little Italy.

Die Katastrophe auf dem Ausflugsboot General Slocum

Die Katastrophe auf dem Ausflugsboot General Slocum

Es war an einem sonnigen Juni-Morgen im Jahr 1904. Etwa 1.350 Menschen - hauptsächlich Frauen und Kinder deutscher Abstammung - wollten das Ende des Schuljahres feiern. Wie jeden Sommer hatte die lutherische St. Marks Kirche der deutsch-amerikanischen Gemeinde auf der Lower East Side einen Dampfer gechartert: das Ausflugsboot General Slocum.

Noch heute ist der Untergang der General Slocum einer der größten Tragödien der zivilen Schifffahrt in der Geschichte der USA. Ein Brand wie die Hölle selber brach in einem Lagerraum des Schaufelraddampfers aus. Glut einer Zigarette oder aus der Kombüse hatten unsachgemäß gelagertes Stroh entzündet, ergab später eine Untersuchung.

Löschversuche scheiterten, und die Crew soll Kapitän Van Schaick gesagt haben: Es ist, als ob wir die Hölle selber löschen müssten. Schließlich sank das 76 Meter lange und 21 Meter breite Schiff vor der Küste der Bronx bei einer Flussenge mit dem Namen Hell's Gate (Höllentor). Hunderte Passagiere erstickten, verbrannten oder ertranken im heftigen Wellengang.

Das Ende von Little Germany

Das Ende von Little Germany

Mehr als 1.000 Menschen waren am Ende dieses so fröhlich gestarteten Tages tot, die meisten von ihnen Frauen und Kinder deutscher Herkunft. Obwohl die Tragödie heute so gut wie in Vergessenheit geraten ist, ist sie nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 noch immer die größte Katastrophe in der Geschichte New Yorks.

Das Kleindeutschland in der Millionenmetropole New York sollte sich von der Tragödie nie mehr erholen. Im heutigen East Village hatten mehr als 50.000 deutsche Einwanderer ein vibrierendes Kleindeutschland gegründet. Etwa eine halbe Million New Yorker sprach damals Deutsch.

Nach der General Slocum-Katastrophe hatten Hunderte Männer ihre Familien verloren, die Kindergärten und Schulhöfe blieben leer, dutzende Witwer nahmen sich das Leben oder litten unter Depressionen. Andere gingen zurück nach Deutschland oder zogen weiter in den Norden Manhattans, nach Yorkville. Dort entstand ein zweites Little Germany, das allerdings nur ein blasser Abglanz des Vorbilds war.

Assimilierung und Weltkriege

Assimilierung und Weltkriege

Auch Weltkriege führten zu Assimilierung. Es gab ja schon Ende des 19. Jahrhunderts und auch im 20. Jahrhundert durchaus die Erwartung, dass sich nicht nur Deutsche, sondern auch andere Staatsbürger mehr assimilieren und mehr zu Amerika stehen als zu ihren nationalen Wurzeln, erklärt Diplomat David Gill, der von 2017 bis 2024 deutscher Generalkonsul in New York war.

Sicherlich haben die zwei Weltkriege im letzten Jahrhundert dazu geführt, dass Amerikaner mit deutscher Abstammung sich von diesen Traditionen auch gelöst haben, so Gill weiter. Dazu kam auch noch, dass der soziale Aufstieg zahlreicher deutscher Einwanderer viele von ihrer Community entkoppelte.

Spurensuche in New York

Spurensuche in New York

Um das deutsche Erbe in New York zu würdigen, hat das deutsche Generalkonsulat vor Kurzem eine eigene Karte zu dem Thema Germany in NYC veröffentlicht. Darin können Interessierte die Spuren deutscher Geschichte in Manhattan in etwa zwei Stunden zu Fuß erkunden. 30 Orte deutscher Identität in New York sind dort beschrieben, die Gebäude und Denkmäler sind aufwendig illustriert. Nummer 14 auf der Liste: die Ottendorfer Bücherei.

Udo Mayer

Ich bin Udo, ein erfahrener Redakteur und Chefredakteur der Website Hol Aktuell. Als Generalistische Zeitung bieten wir nationale und internationale Nachrichten mit Strenge und Objektivität. Mit meiner langjährigen Erfahrung in der Branche leite ich ein Team von talentierten Journalisten, um unseren Lesern stets aktuelle und relevante Informationen zu liefern. Meine Leidenschaft für journalistische Exzellenz treibt mich an, sicherzustellen, dass unsere Artikel fundiert und ausgewogen sind. Bei Hol Aktuell steht die Qualität der Berichterstattung an erster Stelle.

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