Patriarchat: Nachteilig auch für Männer und kostenintensiv für die Gesellschaft

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Patriarchat: Nachteilig auch für Männer und kostenintensiv für die Gesellschaft

Das Patriarchat, ein System, das traditionell Männer als die dominierende Gruppe in der Gesellschaft etabliert, hat nicht nur für Frauen negative Folgen. Tatsächlich erfahren auch Männer Benachteiligungen durch diese Struktur. Die Erwartungen an Männer, stark und selbstständig zu sein, können zu psychischen Belastungen und einer eingeschränkten sozialen Kompetenz führen. Darüber hinaus ist die Aufrechterhaltung des Patriarchats auch für die Gesellschaft selbst kostenintensiv. Die Begrenzung der Chancen und Möglichkeiten für Frauen und andere von der Dominanz der Männer betroffene Gruppen führt zu einer ineffizienten Nutzung des Humankapitals und einer Einschränkung des wirtschaftlichen Wachstums.

Patriarchat: Nachteilig auch für Männer und kostenintensiv für die Gesellschaft

Als Herbert Grönemeyer noch unbedarfte Zeilen dichten konnte wie „Männer führen Kriege / Männer sind schon als Baby blau / Männer rauchen Pfeife / Männer sind furchtbar schlau“. Mit seinen ironisch versammelten Klischees machte der beliebte Musiker der deutschen Öffentlichkeit Mitte der 1980er Jahre bewusst, wie Menschen in Geschlechterrollen gezwängt werden.

Männer als Opfer des Patriarchats oder auch als Profitierende?

Männer als Opfer des Patriarchats oder auch als Profitierende?

Damals nahm die Debatte über „Machos“ und „Chauvis“ gerade Fahrt auf. Antworten auf die Frage, wann ein Mann ein Mann sei, wurden komplizierter. Zugleich wuchs das Bewusstsein dafür, dass der Mann „auf Mann geeicht“ wird. Dass Männlichkeit, das soziale Verhalten von Männern, also verhandel- und wandelbar ist.

Die Falle des traditionellen Männlichkeitstyps und die Kosten, die damit verknüpft sind

Die Falle des traditionellen Männlichkeitstyps und die Kosten, die damit verknüpft sind

Vierzig Debattenjahre später herrscht jedoch keineswegs ein breiterer Konsens darüber, was heute alles als männlich gelten darf und wie die Rolle so gestaltet werden kann, dass möglichst wenig Menschen leiden. Vielmehr hat sich auch in dieser Frage ein Graben aufgetan zwischen progressiven Vertretern einer neuen Männlichkeit, die auf individuelle Deutungsfreiheit setzt und feminine Anteile nicht leugnet, und jenen, die alte Muster bewahren wollen oder sogar mit neuer Vehemenz ein chauvinistisches Männerbild propagieren.

„Sexismus ist noch immer allgegenwärtig“, sagt die Soziologin und Autorin Veronika Kracher. Gewalt gehört noch immer zum vorherrschenden Bild von Männlichkeit in der Gesellschaft. Und aus dieser emotionalen Zurichtung wächst auch Gewalt von Männern gegen sich selbst.

Die maskuline Falle: Wie die patriarchalen Stereotype Männer und Gesellschaft belasten

Die maskuline Falle: Wie die patriarchalen Stereotype Männer und Gesellschaft belasten

Der Wirtschaftswissenschaftler Boris von Heesen hat diesen Schaden sogar beziffert. In seinem Buch „Was Männer kosten“ rechnet er etwa Kosten für Gefängnisaufenthalte, Jugendhilfe, Suchtbehandlung und die Folgen von Diebstählen, Wirtschaftskriminalität, Hooligans, Verkehrsunfällen, ungesunder Ernährung, häuslicher Gewalt und klimaschädlichen Gewohnheiten zusammen.

Toxisch männliches Verhalten belastet das Gemeinwesen demnach mit mindestens 63 Milliarden Euro pro Jahr. Von Heesen will mit dieser Zahl verdeutlichen, wie schädlich Stereotype sind, die Männer noch immer dazu veranlassen, unvernünftige Dinge zu tun, weil sie als maskulin gelten. Und weil sie damit ihre Dominanz bewahren.

Kritiker des Patriarchats wie Boris von Heesen leiten aus schädlichen Effekten toxischer Männlichkeit die Forderung ab, nicht „die Männer“ verantwortlich zu machen, sondern überholte Rollenstereotype. Er fordert also ein Umdenken der gesamten Gesellschaft und sieht auch Männer als Opfer des Patriarchats.

Die Soziologin und Autorin Veronika Kracher sagt: „Auch Männer leiden unter patriarchalen Männlichkeitsvorstellungen, weil das mit Gewalt gegen sie selbst einhergeht“, aber zugleich gibt ihnen genau diese Art von Männlichkeit auch die anhaltende Vorherrschaft im Geschlechterverhältnis.

Hass auf Frauen und Feminismus ist oft der Einstieg in rechtes und rechtsradikales Denken“, sagt Kracher. In der Pubertät suchten Jugendliche nach Identität, seien unsicher in ihrer eigenen Rolle. Das werde von autoritären Populisten ausgenutzt, um alles Weibliche abzuwerten, überkommene, aber eindeutige Rollenbilder zu vermitteln und andere Menschen als etwas darzustellen, das man ausnutzen müsse wie eine Sache.

„Ich bringe dir bei, wie du ein Mann wirst, wie du reich wirst, wie du dich durchsetzt – mit solchen Angeboten werden Influencer erfolgreich“, sagt Kracher, „sie predigen ein Weltbild, in dem alle gegeneinander kämpfen um Macht, Geld, Frauen und einander instrumentalisieren.“ Werte wie Empathie und Solidarität dürften da nicht vorkommen. Es gehe um Härte, Kälte, Stärke, darum sei die Grenze zu faschistischen Menschenbildern fließend.

An der Frage, wie selbstbestimmt Männer ihre eigene Rolle gestalten können, lässt sich der Freiheitsgrad einer Gesellschaft ablesen. Auch diese Freiheit steht unter Druck.

Kerstin Klein

Ich bin Kerstin, ein leidenschaftlicher Experte für aktuelle Nachrichten und Autor bei Hol Aktuell. Als Generalist verfasse ich Artikel zu nationalen und internationalen Themen mit Strenge und Objektivität. Meine Begeisterung für Journalismus treibt mich dazu an, fundierte und gut recherchierte Informationen zu liefern, die unsere Leser informieren und zum Nachdenken anregen. Mit einem Auge für Details und einem starken Sinn für Ethik strebe ich danach, die Leserschaft von Hol Aktuell stets auf dem neuesten Stand zu halten.

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