Die Alternative für Deutschland (AfD) ist stärkste Fraktion: Thüringer Landtag beginnt mit hektischer Sitzung
In einem historischen Wahlergebnis hat die Alternative für Deutschland (AfD) bei den Landtagswahlen in Thüringen einen bedeutenden Erfolg erzielt. Mit 23,4 Prozent der Stimmen wurde die AfD zur stärksten Fraktion im Thüringer Landtag gewählt. Dieses Ergebnis markiert einen Wendepunkt in der politischen Landschaft Thüringens und Deutschlands. Die hektische Sitzung des Thüringer Landtags, die heute begann, verspricht ein spannendes und ereignisreiches Jahr in der thüringischen Politik. Wir berichten live aus Erfurt und bringen Ihnen alle Entwicklungen und Hintergründe zu diesem wichtigen Ereignis.
Tumult und Streit: AfD ist stärkste Fraktion im Thüringer Landtag
Die ersten Stunden der ersten Sitzung des Thüringer Landtags nach der Wahl waren eine Folge von Sitzungsunterbrechungen - dazwischen Gezerre um die Tagesordnung. Eigentlich sollte der Thüringer Landtag seine Arbeitsfähigkeit herstellen, doch das scheiterte zunächst an tumultartigen Szenen, die bereits erwartet worden waren.
Hintergrund ist ein Kräftemessen zwischen der AfD und den anderen vier Fraktionen von CDU, BSW, Linke und SPD über den Ablauf der Sitzung. Im Grunde ging es um die Regeln zur Wahl einer Landtagspräsidentin oder eines Landtagspräsidenten, um die es schon im Vorfeld Streit gab.
Nach den bisherigen Regeln hat die AfD als stärkste Fraktion das Vorschlagsrecht für die Wahl des Landtagspräsidenten. CDU und BSW wollten die Geschäftsordnung aber ändern, damit gleich von Anfang an auch die anderen Fraktionen Vorschläge unterbreiten können. Dafür müsste der Punkt aber vom Alterspräsidenten aufgerufen werden und der Landtag müsste beschlussfähig sein.
Alterspräsident Jürgen Treutler weigert sich
Alterspräsident wurde jedoch Jürgen Treutler von der AfD. Der 73-Jährige weigerte sich einfach, die Beschlussfähigkeit des Parlaments festzustellen. Er wurde daher immer wieder aus den Reihen der Abgeordneten anderer Fraktionen - die betonten, dass sie gemeinsam die Mehrheit hätten - bei seiner Rede unterbrochen und ermahnt.
Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Andreas Bühl, warf ihm Verfassungsbruch vor. „Sie haben kein Recht, in ihrer zeremoniellen Funktion als Alterspräsident davon abzuweichen“, sagte Bühl. Treutler reagierte auf Kritik entweder mit neuen Sitzungsunterbrechungen oder erteilte Ordnungsrufe (zwei mit fraglicher Gültigkeit) gegen den CDU-Politiker.
Kritik an der AfD
Abgeordnete anderer Fraktionen sprachen von einer „Farce“ und beriefen sich auf das Selbstorganisationsrecht des Parlaments. Sie betonten, dass Geschäftsordnungsanträge „unverzüglich“ zu behandeln seien. Bühl rief Treutler zu: „Was Sie hier treiben, ist Machtergreifung.“
Die AfD hat am 1. September in Thüringen die Wahl mit deutlichem Abstand zur CDU gewonnen. Treutler sprach in seiner Rede einen Zeitungskommentar an, in dem die hohe Wahlbeteiligung als Krisensymptom angesehen worden sei. Solche Einlassungen würden zeigen, dass es „in gewissen Teilen der politisch-medialen Elite eine offenkundige Verachtung des Volkes“ gebe, sagte er.
AfD will Ministerpräsident werden
Höcke will Ministerpräsident werden und hat für das Landtagspräsidentenamt die Abgeordnete Wiebke Muhsal vorgeschlagen, die vor einigen Jahren zu einer Geldstrafe wegen Betrugs rechtskräftig verurteilt wurde. Die 38 Jahre alte vierfache Mutter stammt aus Nordrhein-Westfalen, war aber nach dem Studium in Thüringen geblieben und gehörte dem Landtag bereits von 2014 bis 2019 an.
Die CDU schickt indes ihren Abgeordneten Thadäus König ins Rennen, der 2019 schon einmal Höcke bei der Landtagswahl bezwang und im katholisch geprägten Eichsfeld das Direktmandat holte. König ist auch stellvertretender CDU-Landesvorsitzender und verteidigte sein Direktmandat - mit dem landesweit besten Erststimmenergebnis.
Nach Ansicht der Landtagsverwaltung nutzt sich das Vorschlagsrecht der stärksten Fraktion ab, spätestens nach einem zweiten gescheiterten Wahlgang könnten demnach auch andere Fraktionen Kandidaten aufstellen. Nach Meinung der AfD hingegen darf nur sie selbst Wahlvorschläge machen. Daher befürchteten die anderen Fraktionen, dass Treutler einfach stur immer wieder neue Wahlgänge mit AfD-Kandidaten aufrufen, sich auf seine Auslegung der Geschäftsordnung berufen und Kandidaten der anderen Fraktionen ignorieren könnte.
Kurz nach 16 Uhr wurde die Sitzung schließlich bis Samstag unterbrochen. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof muss nun entscheiden.
Die Linken-Parteivorsitzende Janine Wissler sagte mit Blick auf die AfD bei der ersten Landtagssitzung: „Die Ereignisse im Landtag verdeutlichen eindrucksvoll, worauf die AfD abzielt: Sie untergräbt die Demokratie und missachtet das freie Mandat der Abgeordneten.“ Die Linke hat bislang mit Ministerpräsident Bodo Ramelow das Land regiert.
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