Ferda Ataman: Kulturkampf auf dem Rücken von Minderheiten → Ferda Ataman: Kulturkampf auf den Rücken von Minderheiten

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Ferda Ataman: Kulturkampf auf dem Rücken von Minderheiten

Die deutsche Gesellschaft steht derzeit vor einer wichtigen Frage: Wie kann man den Kulturkampf zwischen verschiedenen Ethnien und Kulturen überwinden? Die Antwort darauf ist nicht einfach, insbesondere wenn man sich mit der Politik der Angst auseinandersetzt, die von einigen Politikern und Medien genutzt wird, um Minderheiten zu stigmatisieren und zu diskriminieren. Ferda Ataman, eine bekannte deutsche Politikerin türkischer Herkunft, hat sich diesem Thema angenommen und wirft einen kritischen Blick auf die deutsche Gesellschaft. In diesem Artikel werden wir ihre Ansichten und Vorschläge näher betrachten und diskutieren, wie man den Kulturkampf auf dem Rücken von Minderheiten überwinden kann.

Kulturkampf auf dem Rücken von Minderheiten

Frau Ataman, gibt es heute mehr Diskriminierung als früher oder sind wir empfindlicher geworden?

Ataman: Leider fehlen repräsentative Untersuchungen. Wir beobachten aber, dass sich mehr Menschen wegen Diskriminierung bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen melden. Wir merken auch, dass wieder offener und ungehemmter diskriminiert wird. Dass Rechtsextreme bei Wahlen mehr Zustimmung erhalten, empfinden manche offenbar als demokratische Legitimierung für menschenverachtende Einstellungen.

Die Empfindlichkeit steigt

Die Empfindlichkeit steigt

Wo sehen Sie die meisten Fälle?

Ataman: Am häufigsten melden sich bei uns Menschen, die rassistische Diskriminierung erfahren haben. Danach kommen Diskriminierungen aufgrund von Behinderung und Sexismus. In letzter Zeit haben wir aber auch mehr Beratungsanfragen zu Altersdiskriminierung erhalten. Gleichzeitig gibt es bei Diskriminierungsfällen eine hohe Dunkelziffer. Die letzte repräsentative Umfrage ist ein paar Jahre her und zeigt: jeder dritte Mensch hat Diskriminierung erlebt.

Mehr Diskriminierung und Gewalt gegen Minderheiten

Mehr Diskriminierung und Gewalt gegen Minderheiten

Können Sie Beispiele nennen?

Ataman: Bevor 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eingeführt wurde, konnte ein Arbeitgeber in Stellenanzeigen nach jungen, hübschen Sekretärinnen suchen oder ganz unverblümt keine Bewerbungen von Ausländern schreiben. Nach Einführung des Gesetzes geschah das seltener. Heute stellen wir fest, dass Menschen wieder öfter Absagen erhalten, in denen rassistische oder behindertenfeindliche Schimpfwörter stehen oder Sätze wie Leute wie Sie brauchen wir hier nicht.

Geht das auch über die verbale Diskriminierung hinaus?

Ataman: Ja, gewalttätige Übergriffe auf Geflüchtete, Musliminnen und Muslime, Jüdinnen und Juden, aber auch auf queere Menschen und Menschen mit Behinderung haben zugenommen. In diesen Fällen sprechen wir nicht von Diskriminierung, das sind Straftaten. Aber auch dort, wo wir zuständig sind, stellen wir einen klaren Anstieg fest. Neben mehr rassistischer und antisemitischer Diskriminierung beobachten wir zum Beispiel auch deutlich mehr Fälle von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz.

Eine Gefahr für die Gesellschaft

Eine Gefahr für die Gesellschaft

Lassen sich die von Ihnen beschriebenen gesellschaftlichen Rückschritte auch damit erklären, dass die Menschen nicht mitgehen wollen beim Gendern, bei einer Migrantenquote oder beim Selbstbestimmungsgesetz?

Ataman: Ich finde es zu vereinfacht, menschenverachtende und sexistische Haltungen so zu erklären. Zum einen gibt es weder einen Zwang, inklusiv zu gendern, noch gibt es Pläne für eine Migrantenquote im öffentlichen Dienst. Zum anderen sollten wir unterschiedliche Einstellungen und Forderungen diskutieren können ohne Hass und Hetze zu verbreiten. Die Ablehnung gegenüber einer inklusiven Gendersprache verstehe ich allerdings als Festhalten am Status quo.

Kulturkampf auf dem Rücken von Minderheiten - Eine Herausforderung für die Politik

Kulturkampf auf dem Rücken von Minderheiten - Eine Herausforderung für die Politik

Ist die deutsche Gesellschaft vielleicht nicht bereit für soziale Veränderungen?

Ataman: Die Gesellschaft ist in Teilen schon sehr fortschrittlich, finde ich. Aber in manchen politischen Gruppen werden Menschenrechte und Antidiskriminierung als Identitätspolitik verunglimpft oder mit dem englischen Schlagwort 'woke' lächerlich gemacht. Ich kann mir das nicht anders erklären, als mit dem Versuch, bisherige Ungerechtigkeiten erhalten zu wollen.

Wechseljahre im Job und der Thomas-Kreislauf

Politiker werden Opfer von Diskriminierung. So wurde etwa die scheidende Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang wegen ihres Körpers gemobbt. Befürchten Sie, dass deshalb weniger Menschen in die Politik gehen wollen?

Ataman: Insbesondere auf kommunaler Ebene erleben Politikerinnen und Politiker, dass sie regelrecht angefeindet und bedroht werden. Dabei geht es aber weniger um Diskriminierung, sondern um politisch motivierte Straftaten. Das sehe ich mit Sorge.

Im November tritt das ebenfalls stark diskutierte Selbstbestimmungsgesetz vollständig in Kraft. Was wird dadurch besser?

Ataman: Trans Menschen brauchen in Deutschland nicht mehr erniedrigende, psychologische Gutachten und jahrelange, teure Gerichtsprozesse über sich ergehen lassen, um ihr selbstbestimmtes Geschlecht eintragen zu lassen.

Weitere Informationen:

Infos 10 wichtige Infos zum Thema Transgender

Foto: picture alliance / Bildagentur-o/dpa

Udo Mayer

Ich bin Udo, ein erfahrener Redakteur und Chefredakteur der Website Hol Aktuell. Als Generalistische Zeitung bieten wir nationale und internationale Nachrichten mit Strenge und Objektivität. Mit meiner langjährigen Erfahrung in der Branche leite ich ein Team von talentierten Journalisten, um unseren Lesern stets aktuelle und relevante Informationen zu liefern. Meine Leidenschaft für journalistische Exzellenz treibt mich an, sicherzustellen, dass unsere Artikel fundiert und ausgewogen sind. Bei Hol Aktuell steht die Qualität der Berichterstattung an erster Stelle.

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