Japan: Iwao Hakamada nach 45 Jahren im Todestrakt freigesprochen
In einem spektakulären Rechtsfall in Japan ist Iwao Hakamada, ein 87-jähriger Mann, nach 45 Jahren im Todestrakt freigesprochen worden. Der ehemalige Boxer war 1966 wegen Mordes an vier Menschen verurteilt worden. Doch nachdem neue Beweise ans Licht gekommen waren, die seine Unschuld belegten, hat das Oberste Gericht Japans die Aufhebung des Todesurteils angeordnet. Hakamada ist damit derjenige, der am längsten in einem Todestrakt eines industrialisierten Landes inhaftiert war. Sein Fall wirft ein Schlaglicht auf das umstrittene japanische Justizsystem und die Frage nach der Todesstrafe.
Japan: 60 Jahre nach Todesurteil freigesprochen - Iwao Hakamada ein Freispruch
Fast 60 Jahre nach einem Vierfachmord, für den er damals zum Tode verurteilt wurde, ist ein Japaner in einer Wiederaufnahme des Verfahrens freigesprochen worden. Das Bezirksgericht in Shizuoka entschied am Donnerstag, dass der 88-jährige Iwao Hakamada zu Unrecht als Mörder verurteilt worden sei.
Das Gericht kam zu dem Urteil, dass damals Beweise gegen den früheren Boxer fingiert worden seien, wie Hakamadas Anwalt erklärte. Weltweit gab es niemanden, der länger in einer Zelle auf seine Hinrichtung gewartet hatte als Hakamada.
Ein langer Weg zur Rehabilitation
Nach der Entscheidung verließ seine 91-jährige Schwester Hideko Hakamada das Gerichtsgebäude mit einem breiten Lächeln und wurde mit Jubel und Blumensträußen empfangen. „Danke an alle, wir haben einen Freispruch errungen“, sagte sie auf einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz.
Sie sei gerührt und habe kaum aufhören können, vor Freude zu weinen. Hakamadas Anwalt Hideyo Ogawa sagte, er habe die Staatsanwaltschaft aufgefordert, keine Berufung gegen das Urteil einzulegen, was immer noch möglich ist.
Ihm sei jedoch gesagt worden, eine Entscheidung dazu sei noch nicht getroffen. Sein Team erwäge zudem eine Klage gegen die Regierung, auch um mehr über die Ermittlungen zu erfahren.
Ein Justizskandal
Hakamada war schuldig gesprochen worden, im Jahr 1966 den Manager einer Firma und drei von dessen Familienmitgliedern getötet und deren Haus in Brand gesteckt zu haben. 1968 wurde er deshalb zum Tode verurteilt, aber nie hingerichtet, während sein Fall durch mehrere Berufungen ging.
Insgesamt verbrachte er 48 Jahre hinter Gittern, mehr als 45 davon im Todestrakt. Nachdem 2014 in seinen Fall Bewegung gekommen war, wurde er in den Hausarrest entlassen.
Der Weg durch die langsamen Mühlen der japanischen Justiz bis zu seinem Freispruch war für Hakamada beschwerlich. Es dauerte 27 Jahre, bis das Oberste Gericht seinen ersten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ablehnte.
Der zweite Antrag wurde 2008 von seiner Schwester eingereicht. 2023 entschied das Gericht schließlich zu seinen Gunsten und ebnete damit den Weg für das Verfahren, das im vergangenen Oktober begann.
Bei einer letzten Anhörung vor dem Gericht in Shizuoka im Mai vor der Entscheidung vom Donnerstag forderte die Staatsanwaltschaft erneut die Todesstrafe und erntete dafür Kritik von Menschenrechtlern.
Angesichts der extrem hohen Hürden für Wiederaufnahmeverfahren fordern auch Rechtsexperten zunehmend eine Reform des Systems.
Während der Ermittlungen, die auf seine Verhaftung folgten, wies Hakamada die Anschuldigungen zunächst zurück und räumte sie dann ein. Später sagte er, er sei bei gewaltsamen Verhören durch die Polizei zu seinem Geständnis gezwungen worden.
Ein wichtiger Streitpunkt waren fünf blutbefleckte Kleidungsstücke, die Hakamada während des Verbrechens getragen und in einem Behälter mit fermentierter Sojabohnenpaste, sogenannter Miso-Paste, versteckt haben soll.
Die Kleidungsstücke wurden mehr als ein Jahr nach seiner Verhaftung gefunden. Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs von Tokio aus dem Jahr 2023 bestätigte wissenschaftliche Experimente, wonach sich Kleidung, die mehr als ein Jahr lang in Miso eingeweicht wurde, zu dunkel färbt, um Blutflecken zu erkennen.
Das Urteil kam zu dem Schluss, dass Ermittler, die behauptet hatten, Hakamada habe die Kleidung während des Verbrechens getragen, die Blutflecken selbst angebracht und die Kleidung platziert hatten.
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