Kafka-Mania auch in Neuss?*

Kafka-Mania auch in Neuss?*

Die Stadt Neuss ist bekannt für ihre reiche Geschichte und Kultur, aber könnte sie bald auch zum Zentrum einer Kafka-Mania werden? Die Frage stellt sich, nachdem die Stadtverwaltung bekannt gab, dass sie Pläne hat, ein Kafka-Museum zu errichten. Dieses Vorhaben hat bereits zu einer lebhaften Debatte in der Stadt geführt, mit Befürwortern, die einen positiven Einfluss auf die Stadtentwicklung sehen, und Gegnern, die sich Sorgen um die Kosten und die Auswirkungen auf das Stadtbild machen.

Das Werk Franz Kafkas, ein tschechischer Schriftsteller, der für seine surrealen und psychologischen Romane bekannt ist, hat bereits in vielen Städten um die Welt eine große Anhängerschaft gefunden. Doch warum sollte Neuss ausgerechnet jetzt auf den Kafka-Zug aufspringen? Wir werden in den kommenden Tagen und Wochen versuchen, diese Frage zu beantworten und einen Blick hinter die Kulissen des Projektes werfen.

KafkaMania auch in Neuss?

Der Prozess sei nonstop ausgeliehen, heißt es in einem Artikel des Märkischen Zeitungsverlags. Doch bedeutet das neu erweckte Kafka-Interesse nun ein großes Aufatmen bei den Neusser Deutschlehrern? Nicht ganz, denn in der Quirinusstadt macht sich der vermeintliche Trend noch nicht bemerkbar.

KafkaTrend: Neuss bleibt unbeeindruckt von TiktokPhänomen

Tobias Petruschkat, Schulleiter des Nelly-Sachs-Gymnasiums, hat auf Anfrage unserer Redaktion Rücksprache mit Kolleginnen und Kollegen des Fachbereichs Deutsch gehalten, die keine untypische Entwicklung in dieser Hinsicht bemerken. Er vermutet, dass die Filmreihe zu Kafka, die in den einschlägigen Mediatheken zu finden ist, das Thema vielleicht stärker in den Fokus rückt. Von einem Hype oder Trend zu sprechen, wäre hier verfehlt beziehungsweise übertrieben, sagt er.

Ralf Hinz, Deutschlehrer am Quirinus-Gymnasium, äußert sich ähnlich: Ich kann das Phänomen nicht bestätigen, sagt er. Er habe sich auch im Kollegium und unter Schülerinnen und Schülern umgehört, mit dem Ergebnis: Von der ‚Verwandlung’ haben einige Schülerinnen und Schüler schon gehört, auch dass es dabei um Kakerlake und Käfer geht, wussten sie. Dass sie sich aber näher mit den dahinterstehenden Themen wie Identität und Identifikation auseinandergesetzt haben, könne er nicht bestätigen.

Aktuell gehöre Kafka für die Gymnasiasten nicht zur Pflichtlektüre, vor einigen Jahren hätte „Der Prozess“ und „Die Verwandlung“ auf dem Lehrplan der Qualifizierungsstufen gestanden. Für gewöhnlich kommen die Schülerinnen und Schüler zum ersten Mal am Ende der Mittelstufe mit dem Autor in Berührung, etwa, wenn es um das Thema Parabeln geht.

Einmal habe ich mit einer Klasse ,Der Geier‘ von Kafka besprochen, das hat sie ziemlich ergriffen, erinnert sich Hinz. Vielleicht ist der Kafka-Trend gerade mehr ein Medien-Hype, vermutet er, oder es richtet sich an eine ältere Zielgruppe.

Kein KafkaHype in Neuss: Deutschlehrer gegen TiktokFieber

Die Stadtbibliothek Neuss hat einige Kafka-Bücher in ihrem Bestand: Es gibt literarische Werke mit Lektürehilfen, Geschichten in leichter Sprache, Biografien, Graphic Novels bis hin zu Hörbüchern und e-books sowie Romane über Kafkas Leben. Anlässlich seines 140. Geburtstags im vergangenen Jahr wurden die vorhandenen Medien gesondert präsentiert und in diesem Jahr zu seinem 100. Todestag wurden die Hörbücher in einem Regal ausgestellt.

Trotz dieser Hinweise können wir im Ausleihalltag keine verstärkte Nachfrage oder Ausleihen feststellen, sagt Bibliotheksleiterin Claudia Büchel: Der Kafka-Hype bei Tiktok hat sich in Neuss noch nicht herumgesprochen.