Kirchen: Dachdecker leidet an Höhenangst – und erstellt trotzdem sein Meisterwerk

Kirchen: Dachdecker leidet an Höhenangst – und erstellt trotzdem sein Meisterwerk

In einer bemerkenswerten Geschichte, die Mut und Durchhaltevermögen beweist, hat ein Dachdecker trotz seiner Höhenangst ein wahres Meisterwerk geschaffen. Die Kirche, die von diesem talentierten Handwerker restauriert wurde, präsentiert sich nun in neuem Glanz. Doch wie konnte es diesem Mann gelingen, seine Ängste zu überwinden und ein solches Kunstwerk zu schaffen? Die Geschichte hinter dieser Restaurierung ist so faszinierend wie inspirierend und zeigt, dass auch die größten Herausforderungen überwunden werden können, wenn man seine Ziele fest im Blick behält.

Dachdecker wider Willen: Benjamin Ritzenhoff überwindet seine Höhenangst und wird Meister

Benjamin Ritzenhoff war in der Schule handwerklich begabt, hatte im Technik-Unterricht stets die besten Noten. Doch seine berufliche Bestimmung fand der Kerkener eher zufällig. Das war damals auf einer Gesellenfeier in einer Kneipe. Da hat mich mein zukünftiger Chef angesprochen, ob ich nicht bei ihm als Dachdecker anfangen wolle, sagt der heute 32-Jährige.

Aus diesem Kneipengespräch entwickelte sich eine wahre Erfolgsgeschichte: Ritzenhoff hat 2023 seine Prüfung zum Meister abgelegt – und das als einer der 18 Jahrgangsbesten. Dafür wurde er jetzt von der Handwerkskammer Düsseldorf ausgezeichnet.

Ein Meisterwerk trotz Höhenangst: Die unglaubliche Geschichte des Kerkener Dachdeckers

Der Mann, der ihn damals in der Kneipe ansprach, war Frank Thielen, Chef des Dachdecker-Unternehmens M. Ellinghoven. Er musste bei Benjamin Ritzenhoff, der zuvor schon einige andere Berufe ausprobiert hatte, mächtig Überzeugungsarbeit leisten. Denn Ritzenhoff leidet unter Höhenangst. Als ich meiner Familie erzählt habe, dass ich eine Ausbildung zum Dachdecker beginnen möchte, haben sie mich erst mal ungläubig angeschaut, so der 32-Jährige.

Benjamin Ritzenhoff ist einer von 18 Prüfungsbesten des Jahres 2023, denen Ministerpräsident Hendrik Wüst persönlich gratulierte. Rechts: Andreas Ehlert, Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf. Foto: Wilfried Meyer

Vom Aussteiger zum Handwerksmeister: Benjamin Ritzenhoffs weite Weg zum Erfolg

Doch Ritzenhoff wagte schließlich den Aufstieg und überwand seine Ängste. Am Anfang habe ich fast immer zehn Minuten gebraucht, um mit der Situation auf dem Dach klarzukommen. Doch mein Chef war immer sehr verständnisvoll und hat mir die Zeit gelassen.

Wohl auch, weil Frank Thielen schnell das Talent in seinem Schützling erkannte. Er hat von Anfang an große Stücke auf mich gehalten und mich dazu ermutigt, nach meiner Gesellenprüfung auch meinen Meister zu machen.

Höhenangst keine Hürde: Benjamin Ritzenhoff wird Meister und zeigt, dass es möglich ist

Benjamin Ritzenhoff zögerte. Und zwar insgesamt neun Jahre lang. Ich hatte großen Respekt. Eine Meisterausbildung kostet immerhin circa 15.000 Euro. Und außerdem ist der Meister der größte Titel im Handwerk. Da braucht man so viel Wissen. Das hat mich erst einmal abgeschreckt, sagt der Kerkener.

Doch schließlich war es seine Frau, die den Stein ins Rollen brachte und kurzerhand die Unterlagen bei der Handwerkskammer anforderte. Zunächst hat sie die falschen bei der Handwerkskammer Cottbus bestellt. Da dachte ich schon, sie will mich loswerden, sagt der 32-Jährige lachend.

Als dann endlich die finanziellen Hilfen sowie die richtigen Unterlagen von der Handwerkskammer in Düsseldorf beantragt waren, konnte es losgehen. Schnell hatte Benjamin Ritzenhoff seinen Respekt vor dem großen Titel abgelegt. Wir hatten eine super Lerngruppe mit vier Personen und haben uns gegenseitig gepusht. Wir alle haben unsere Prüfung mit Bravour bestanden.

Doch Ritzenhoff war der Beste. Dafür wurde er nun in Düsseldorf unter anderem von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst ausgezeichnet.

Benjamin Ritzenhoffs berufliche Erfolgsgeschichte ist damit aber noch lange nicht zu Ende. Zum einen möchte er sich zum Gebäudeenergieberater fortbilden lassen. Zum anderen soll er bald in die Fußstapfen seines Chefs treten und die Firma M. Ellinghoven aus Kerken komplett übernehmen. Die Einarbeitung läuft bereits.

Der Kerkener wirbt daher für eine Ausbildung in seinem Beruf. Es werden aktuell viele Häuser gebaut oder umgerüstet. Dachdecker werden immer gebraucht. Und unsere Arbeit wird nie von einem Roboter erledigt werden können.

Ritzenhoff, der seinen Hauptschulabschluss im Jahre 2008 an der Martin-Schule in Kempen machte, wünscht sich daher, dass handwerklich begabte Schüler bereits in der Schule mehr gefördert werden. Mein Lehrer hat damals zu mir gesagt: ,Du wirst sowieso auf dem Bau landen.’ Heutzutage hat man eher das Gefühl, dass praktisch alle Jugendlichen dazu angehalten werden, eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Doch das ist aus meiner Sicht der falsche Weg. Auch im Handwerk sind wir auf schlaue Köpfe angewiesen, sagt Ritzenhoff.

Der Vater von zwei Kindern ist jedenfalls froh, dass er sich damals für eine Ausbildung zum Dachdecker entschieden hat. Auch wenn ihn die Höhenangst noch heute begleitet. Es ist nicht mehr so schlimm wie früher. Aber wenn ich bei einem dreistöckigen Haus mit einer Leiter rauf aufs Dach muss – da wird mir schon anders. Das werde ich wohl nie ganz loswerden.