- Remscheid: Führer gibt in Missbrauchs-Prozess zu
- Führer gibt in Missbrauchsprozess zu: Angeklagter schildert sexuelle Übergriffe
- Der Angeklagte ändert sein Verteidigungsverhalten
- Die Opfer sollten vor einer Re-Traumatisierung geschützt werden
- Ein Deal zwischen der Kammer und dem Angeklagten
- Die Tatvorwürfe gegen den Angeklagten
- Das Dilemma der Justiz bei sexuellen Übergriffen auf Menschen mit Behinderung
Remscheid: Führer gibt in Missbrauchs-Prozess zu
In einer sensationellen Wendung des Prozesses um den Missbrauch von Schutzbedürftigen in Remscheid, hat der angeklagte Fahrer überraschend zugegeben, die ihm vorgeworfenen Straftaten begangen zu haben. Der 42-jährige Mann stand vor dem Landgericht in Wuppertal, wo er sich wegen des Missbrauchs von Behinderten verantworten musste. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, zwischen 2017 und 2020 mehrere Menschen mit geistigen Behinderungen sexuell missbraucht zu haben. Der Prozess gegen den Fahrer aus Remscheid hatte am 15. Februar begonnen und sorgte von Anfang an für großes Aufsehen in der Öffentlichkeit. Jetzt muss der Angeklagte mit einer hohen Strafe rechnen.
Führer gibt in Missbrauchsprozess zu: Angeklagter schildert sexuelle Übergriffe
REMSCHEID/WUPPERTAL - Ein 62-jähriger Mann hat in einem Prozess vor dem Landgericht Wuppertal gestanden, eine Frau auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstätte vergewaltigt zu haben. Außerdem soll er zwei angeheiratete Nichten sexuell missbraucht haben.
Der Angeklagte ändert sein Verteidigungsverhalten
Erst kündigt er an, etwas sagen zu wollen. Und dann lässt er seinen Verteidiger sagen, dass er nichts sagen wird. Als Dr. Karsten Bremer das vom Angeklagten hört, platzt dem Vorsitzenden Richter der Kragen. Mit unmissverständlichen Worten wendet sich Bremer an den Angeklagten: „Ich habe den Eindruck, dass Sie hier gerade ihr Leben an die Wand fahren mit ihrem Verteidigungsverhalten“.
Sollten sich die Tatvorwürfe der Vergewaltigung und des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern am Ende der Beweisaufnahme bestätigen, könne auch eine Strafe von zehn Jahren Haft und mehr herauskommen, so Bremer.
Die Opfer sollten vor einer Re-Traumatisierung geschützt werden
Bis dahin hatte der 62-Jährige geschwiegen – hätte er es auch weiterhin getan, hätten die drei Opfer seiner sexuellen Übergriffe im Zeugenstand aussagen müssen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mitarbeiter eines Fahrdienstes für Behinderte vor, eine Frau auf dem Weg zu deren Arbeitsstätte vergewaltigt zu haben.
Die Kammer möchte den Opfern eine Aussage im Gerichtssaal unbedingt ersparen – es drohe, so der Vorsitzende, eine Re-Traumatisierung. Auch davon hatte sich der Angeklagte anfangs nicht beeindrucken lassen.
Ein Deal zwischen der Kammer und dem Angeklagten
Erst als das Gespräch seitens der Kammer auf einen „Deal“ kam, den man machen könne, lenkte der 62-Jährige ein. Die Kammer bot eine Strafe zwischen vier Jahren und fünf Jahren und sechs Monaten an, vom Angeklagten war daraufhin zu hören: „Es ist so, wie es in der Anklage geschrieben steht.“
Gerne hätte er auch für diesen einen Satz die Öffentlichkeit ausschließen lassen – das war zuvor für den Großteil des Prozesses vom Vorsitzenden so gehandhabt worden, um die Opfer zu schützen. Diesmal allerdings winkte Bremer ab, und wieder musste der Verteidiger auf seinen Mandanten einreden, damit der sich das mit dem Geständnis nicht doch noch anders überlegt.
Die Tatvorwürfe gegen den Angeklagten
Aus der Anklageschrift weiß man bislang soviel zu dem, was dem Angeklagten vorgeworfen wird: Der Mitarbeiter eines Fahrdienstes soll damit beauftragt gewesen sein, die mutmaßlich geschädigte Frau und weitere Personen zu ihrer Arbeitsstätte, einer Behindertenwerkstatt, zu fahren. Anfangs sei der Mann mit der Frau alleine im Auto gewesen, dabei soll es zu dem sexuellen Übergriff gekommen sein.
In einer weiteren Anklageschrift wirft die Staatsanwaltschaft dem 62-Jährigen vor, seine beiden Nichten in mehr als 30 Fällen sexuell missbraucht zu haben.
Das Dilemma der Justiz bei sexuellen Übergriffen auf Menschen mit Behinderung
Werden Menschen mit geistiger Behinderung zum Opfer sexueller Übergriffe, steht die Justiz vor einem strafrechtlichen Dilemma: Um als glaubhaft wahrgenommen zu werden, müssen Zeuginnen mit geistiger Behinderung möglichst intelligent wirken. Doch je besser ihnen das gelingt, desto unwahrscheinlicher ist eine Verurteilung, falls sie den sexuellen Übergriffen nicht nachweisbar widersprochen haben.
Ein Pressesprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft, Wolf Tilmann Baumert, sagt zu dem Fall: „Wir gehen davon aus, dass das Opfer klar gemacht hat, dass es das nicht will“. Andernfalls wäre nicht die Vergewaltigung angeklagt worden, sondern der „sexuelle Missbrauch widerstandsunfähiger Personen“.
Zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Frau, die vom Angeklagten vergewaltigt worden sein soll, hatte das Gericht mit Dr. Beate Daber eine renommierte Gutachterin beauftragt. Nach dem Prozedere in solchen Fällen gefragt, sagt Daber: „Es geht auch darum, den Opfern die Angst zu nehmen.“ Menschen mit Behinderung seien es gewohnt, dass ihre Belange von anderen geregelt würden, dem müsse man im vertrauensvollen Gespräch etwas entgegensetzen.
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