Thomas Tuchel: Ein deutscher Nationaltrainer für England? Das verletzt die Patriotismus

Index

Thomas Tuchel: Ein deutscher Nationaltrainer für England? Das verletzt die Patriotismus

Die Frage, die aktuell in der Fußballwelt für großes Aufsehen sorgt, ist, ob der deutsche Trainer Thomas Tuchel zum neuen Nationaltrainer Englands ernannt werden könnte. Diese Nachricht hat für wilden Protest in Deutschland gesorgt, da viele Fans und Experten die Vorstellung, dass ein Deutscher den englischen Nationalmannschaft trainiert, als Patriotismus-Verletzung empfinden. Die englische Fußball-Association hat jedoch bereits offizielle Gespräche mit Tuchel geführt und es scheint, als ob die Verhandlungen in vollem Gange sind. Doch wie reagiert die deutsche Fußball-Gemeinde auf diese mögliche Entscheidung?

Thomas Tuchel: Ein deutscher Trainer für England? Das ist eine Beleidigung!

Die Botschaften der Boulevardmedien sind eindeutig: „Ein schwarzer Tag für England“ titelte das Massenblatt „Daily Mail“ (2,4 Millionen Auflage) zur Nachricht, dass Thomas Tuchel neuer englischer Nationaltrainer wird.

Im Zeitungsartikel heißt es: „England muss bis zum letzten Mann im Trikot englisch sein. Wir brauchen Thomas Tuchel nicht.“ Der Konkurrenztitel „Daily Mirror“ kommentiert: „Das bedeutet, dass die Nationalmannschaft von einem Trainer des größten Rivalen Englands geleitet wird.“

Und der frühere Trainer des Londoner Traditionsclubs Tottenham Hotspurs, Harry Redknapp, ereifert sich: „Ich finde, wir sollten einen englischen Trainer haben.“ Selbst die altehrwürdige BBC meinte, die Berufung Tuchels sei „eine Beleidigung für einheimische Trainertalente“.

Englands Fußballnationalelf erhält einen deutschen Trainer oder gibt es?

Englands Fußballnationalelf erhält einen deutschen Trainer oder gibt es?

Lediglich die größte Tabloid-Zeitung „Sun“ jubelt auf deutsch: „Der Fußball kommt nach Hause“. Für die einheimischen Leser liefert das Boulevardblatt die englische Übersetzung gleich mit: „Football’s coming home.“

Thomas Tuchel übernimmt Englands Nationalmannschaft. Übereinstimmende Medienberichte.

Tuchel übernimmt Englands Nationalmannschaft – eine Provokation für die englische Nation?

Tuchel übernimmt Englands Nationalmannschaft – eine Provokation für die englische Nation?

Es ist nicht so, dass Englands Drei-Löwen-Team zum ersten Mal einen ausländischen Trainer hätte. Der Schwede Sven-Göran Eriksson und der Italiener Fabio Capello betreuten bereits die Mannschaft.

Aber einen Deutschen an der Spitze zu haben – das ist schon etwas Besonderes. Und es sind nicht allein die legendären Fußballschlachten in Wembley 1966 oder Mexiko 1970, dazu die Elfmeterdramen 1996 bei der Europameisterschaft im eigenen Land und 1990 in Italien im WM-Halbfinale, die die Rivalität begründen.

Die Engländer – vor allem die ältere Generation – sehen ihr Land als immer noch entscheidend an im Kampf gegen die Hitler-Barbarei.

1940 lehnte der britische Premier Winston Churchill als einziger damals noch nicht Besiegter ein Friedensangebot des NS-Diktators ab und beschwor sein Land in der berühmten Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede, gegen die deutschen Aggressoren durchzuhalten.

Das begründet bis heute den Mythos englischer Tapferkeit und Moral. England sollte froh sein, dass Tuchel es macht.

Kritik am Deutschen.

„Wer siegte 1945 und 1966?“ wurden regelmäßig deutsche Austauschschüler befragt, wenn sie in den 80er und auch noch 90er Jahren auf ihre englischen Pendants trafen.

Und wehe, man stellte dann als Deutscher den umstrittenen Siegtreffer der Engländer infrage. In Brighton und manchen Stadtteilen Londons machten englische Hooligans jahrelang regelrechte Jagden auf deutsche Sprachschüler.

Die populäre Comedy-Serie „Fawlty Towers“ mit Monty-Python-Schauspieler John Cleese in der Hauptrolle eines neurotischen Hotelinhabers hatte in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ihre berühmteste Episode über eine deutsche Reisegruppe, die Cleese ständig mit Erinnerungen an Krieg und Drittes Reich nervte.

Zuvor hatte er seinen Angestellten eingehämmert, „niemals den Krieg zu erwähnen“. „Don’t mention the war“ („Erwähnt den Krieg nicht“) wurde zum geflügelten Wort antideutscher Ressentiments.

Und es passte zum Humor der Engländer, dass sie selbst diese Paranoia vergangener Ruhmestaten gerne aufspießten.

Engländer und Deutsche – das ist die Hassliebe par excellence in Europa.

Neben den kriegerischen Auseinandersetzungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hielten sich beide Nationen für technisch und wirtschaftlich führend in der Welt.

Die Engländer erfanden die Dampfmaschine und die industrielle Revolution (sowie den Fußball und die Demokratie), die Deutschen den Dynamo und den Verbrennermotor.

Gleichzeitig hielten sie sich auf die besten Fabriken und Produktionsmethoden (Made in Germany) viel zugute.

Ihre Sprachen sind verwandt, die Mentalität ist ähnlich und die Überzeugung eigener Größe teilen sie auf frappierend gemeinsame Weise.

Eigentlich sind die beiden wie Cousins und Cousinen, aber zwischen den Ländern lag nicht nur der Kanal, sondern ein riesiger Graben.

Manchmal scheint es, dass der Atlantik zwischen Großbritannien und den USA weniger tief ist als die Meerenge zwischen Dover und Calais.

Tuchel will Fußball-England mit dem „zweiten Stern“ erlösen.

„Wir stehen alle hinter dir“

Tuchel will Fußball-England mit dem „zweiten Stern“ erlösen.

Inzwischen hat sich das Verhältnis weitgehend normalisiert.

Der neue britische Botschafter Andrew Mitchell sieht nur noch ein enges Band der Freundschaft zwischen beiden Ländern.

Und Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat in Labour-Premier Keir Starmer einen neuen politischen Freund gefunden.

Ganz anders als in Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dem er in herzlicher Abneigung verbunden ist.

In Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft arbeiten Engländer und Deutsche eng zusammen, die englische Sprache wird von vielen hierzulande gepflegt und auch beherrscht.

Gerade die jungen Leute reden Englisch fast wie ihre Muttersprache.

Umgekehrt ist es natürlich nicht so, denn die Sprache der Insel ist zur Weltsprache Nummer eins ohne jede Konkurrenz geworden.

In ihrer Liebe zum Königshaus lassen sich wiederum die Deutschen – außerhalb der Insel – von niemandem übertreffen.

Ob Charles, Harry oder Kate: Geschichten über die Royals sind stets Topthema bei uns.

Doch ausgerechnet im Fußball besteht die alte Abneigung immer noch.

Und nicht nur da.

Die Boulevardmedien treffen mit ihren antideutschen Schlagzeilen noch immer einen Nerv, der bei vielen Engländern weiterhin vorhanden ist.

Es ist neben dem Stolz über den Sieg gegen einen menschenverachtenden Diktator auch die innere Überzeugung – trotz der deutschen Errungenschaften und der übermächtigen deutschen Position vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg – noch immer zu den Besten zu gehören.

Auch im Fußball.

Der neu ernannte Cheftrainer der englischen Nationalmannschaft, Thomas Tuchel.

Foto: AP/Alberto Pezzali

Deshalb muss Thomas Tuchel liefern.

Unter einem Weltmeisterschaftstitel wird es nicht zu machen sein.

Die Deutschen können mit dem einheimischen Trainer Julian Nagelsmann gelassener in den Wettbewerb gehen.

Und als wichtige Unterstützer haben die Menschen zwischen Rhein und Oder immer noch die schottischen Fans.

Seit der letzten Europameisterschaft in Deutschland haben sich beide Gruppen tief ins Herz geschlossen – auch und gerade gegen England.

Hier geht es zur Bilderstrecke: Das ist Thomas Tuchel

Martin Weiß

Ich bin Martin, Autor bei Hol Aktuell, einer generalistischen Zeitung mit nationalen und internationalen Nachrichten. Bei uns findest du aktuelle Nachrichten mit Strenge und Objektivität. Meine Artikel decken eine Vielzahl von Themen ab und bieten fundierte Informationen für unsere Leser. Mit meiner Leidenschaft für Journalismus und meinem Streben nach Genauigkeit bemühe ich mich, relevante und gut recherchierte Inhalte zu liefern. Folge mir für die neuesten Entwicklungen aus aller Welt!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Go up