Zweiter Weltkrieg in Wankum: Luftangriff auf Lager Harzbeck fordert Verwüstung und Verluste

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Zweiter Weltkrieg in Wankum: Luftangriff auf Lager Harzbeck fordert Verwüstung und Verluste

Am 22. März 1945 erlebte die Stadt Wankum eines der dramatischsten Ereignisse ihrer Geschichte. Ein Luftangriff der Alliierten auf das Lager Harzbeck forderte immense Verwüstung und Verluste. Die Stadt, die bis dahin von den Folgen des Krieges verschont geblieben war, wurde plötzlich in den Strudel des Zweiten Weltkrieges hineingezogen. Der Angriff auf das Lager, in dem Tausende von Menschen untergebracht waren, hinterließ eine Spur der Zerstörung und forderte viele Opfer. In den folgenden Tagen und Wochen mussten die Überlebenden mit den Folgen des Angriffs fertig werden und versuchen, ihr Leben wieder aufzubauen.

Schreckliche Nacht in Wankum: Luftangriff fordert Todesopfer im Lager Harzbeck

Warum die britische Luftwaffe angegriffen hat, konnte nie mit Sicherheit festgestellt werden. War es ein geplantes Bombardement oder ein zufällig ausgewähltes Ziel? Jedenfalls war es ein folgenschwerer Angriff in der Nacht vom 21. auf den 22. Mai 1944, den 23 Menschen nicht überlebten – die meisten davon waren gerade 16 Jahre alt.

„Kaum war der Alarm verklungen, schlugen Bomben ein. Ein Höllenlärm. Die Erde bebte. Wir lagen in Sekunden unter freiem Himmel, weil die Barackendächer durch den enormen Luftdruck abgeräumt wurden“, erinnerte sich Jahrzehnte später Heinrich Böing aus Isselburg an den Angriff. Er überlebte, weil er intuitiv aus dem Fenster sprang und rannte, was das Zeug hielt. Als er kaum 100 Meter weit gekommen war, schlugen hinter ihm die Phosphor- und Brandbomben ein. Der damals 16-jährige Böing konnte sich retten. Viele seiner Kameraden und einige Angestellte nicht.

Unter den insgesamt 23 Todesopfern war eine Frau: Sophia Dahmen, die Köchin des Lagers. Aus Geldern kam der 15-jährige Theo Mülders. Die anderen Jungen stammten aus Essen, Mülheim, Duisburg, Oberhausen, Moers und Dinslaken.

Gedenktafel

Gedenktafel

Heute erinnert eine Gedenktafel an der Dorfstube in Wankum an die Katastrophe. Heimatforscher Hans Druyen hat in seinem Buch „Abseits der Fronten“ ausführlich über den Hergang berichtet. Auch dieser Artikel entstand auf Anregung von Hans Druyen, Angaben und Fotos stammen aus seinem Werk.

Erst am Morgen des 20. Mai 1944 war ein großer Sammeltransport mit Jugendlichen des Jahrgangs 1928 (15 bis 16 Jahre) aus dem westlichen Ruhrgebiet und vom Niederrhein in Grefrath angekommen. Die Jungen belegten ihre Quartiere im Lager Harzbeck nur einen Tag, bevor es zur Katastrophe kam. Sie wurden von Lagerleitung und Offizieren feierlich empfangen und eingekleidet. Es war für die meisten ein erster Abschied von der Familie.

Es handelte sich um Jugendliche, die „jugenddienstpflichtig“ waren. Das Lager Harzbeck wurde seit Juni 1943 als Wehrertüchtigungslager genutzt. Dort sollten die Jugendlichen also für einen späteren Einsatz als Soldat vorbereitet werden. Das Lager war der Hitlerjugend unterstellt. Seine Bedeutung wurde durch den Besuch des Reichsjugendführers Artur Axmann, dem Leiter der Hitlerjugend, im Sommer 1943 unterstrichen.

Krieg aus zweifacher Wankumer Sicht

Krieg aus zweifacher Wankumer Sicht

Das Lager Harzbeck wurde ab 1933 als „Arbeitslager“ des Reichsarbeiterdienstes für junge Männer zwischen 17 und 25, die einen sechsmonatigen Arbeitsdienst leisten mussten. Das Nettegebiet zwischen Krickenbecker See und Nettemündung in Wachtendonk sollte durch Kultivierung landwirtschaftlich nutzbar gemacht werden. Ab 1939 wurde Harzbeck zwischenzeitlich zum Durchgangslager für Truppen auf dem Weg zur Westfront.

Dass es 1944 schließlich ein Wehrertüchtigungslager war, dürfte jedoch nicht der Grund für den Angriff der Briten gewesen sein. Das Bombardement des Lagers entstand im Zuge eines viel größeren Angriffs, nämlich den mit mehr als 500 Flugzeugen auf Duisburg am 21. Mai 1944. Die Industrieanlagen von Krupp und Mannesmann, die Elektrizitätswerke und der Hafen sollten an diesem Tag vernichtet werden.

Von der deutschen Flugabwehr mit Flak und Jägern abgedrängte Flugzeuge drehten ab. Eine kleinere abgedrängte Staffel flog nach Mitternacht in geringer Höhe über das Lager Harzbeck. Zunächst fielen vier Bomben in einem Waldstück am Rande des Lagers. Es waren Explosionen, die die Dächer der Baracken abrissen, wie Heinrich Böing es beschreibt. Auch schaltete sich die komplette Beleuchtung des Lagers ein. Das machte es zum leichten Ziel für einen nachfolgenden Bomberpiloten, der schließlich Brand- und Phosphorbomben direkt auf das Lager abwarf. Die Tragödie nahm ihren Lauf.

Hier geht es zur Bilderstrecke: 23 Tote bei Angriff auf Lager Harzbeck

Kerstin Klein

Ich bin Kerstin, ein leidenschaftlicher Experte für aktuelle Nachrichten und Autor bei Hol Aktuell. Als Generalist verfasse ich Artikel zu nationalen und internationalen Themen mit Strenge und Objektivität. Meine Begeisterung für Journalismus treibt mich dazu an, fundierte und gut recherchierte Informationen zu liefern, die unsere Leser informieren und zum Nachdenken anregen. Mit einem Auge für Details und einem starken Sinn für Ethik strebe ich danach, die Leserschaft von Hol Aktuell stets auf dem neuesten Stand zu halten.

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