Ausstellung im Folkwang-Museum in Essen: Eine Kulturgeschichte der Frisur Becomes: Ausstellung im Folkwang-Museum: 'Haarkunst - Eine Kulturgeschicht

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Ausstellung im Folkwang-Museum: 'Haarkunst - Eine Kulturgeschichte'

Das Folkwang-Museum in Essen präsentiert eine außergewöhnliche Ausstellung, die eine faszinierende Reise durch die Kulturgeschichte der Frisur bietet. Unter dem Titel Haarkunst - Eine Kulturgeschichte werden die Besucher auf eine Zeitreise durch die Jahrhunderte mitgenommen, um die Entwicklung der Haarmode von der Antike bis in die Gegenwart zu erkunden. Die Ausstellung zeigt, wie die Frisur immer wieder als Ausdruck von Kultur, Gesellschaft und Identität diente und wie sie von politischen, sozialen und wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst wurde. Mit über 300 Exponaten aus aller Welt bietet die Ausstellung einen umfassenden Blick auf die Vielgestaltigkeit der Haarkunst und lädt die Besucher ein, die Faszination der Frisur zu entdecken.

Frisuren im Folkwang-Museum: Eine Kulturgeschichte, die die Haare vom Kopf abhebt

Im späten 19. Jahrhundert war Annie Jones in den USA eine Zirkusattraktion. Weil sie an Hirsutismus litt, einer Erkrankung, die bei Frauen zu verstärkter Körperbehaarung führt, wuchs ihr schon mit neun Jahren ein Vollbart. Davon erfuhr der Zirkusunternehmer P.T. Barnum, immer auf der Suche nach Menschen, die in der Manege für Sensationen sorgten. Barnum engagierte die Bartdame und machte sie berühmt und reich. Jetzt hängt ein kleines Bild von ihr in der Essener Ausstellung „Grow It, Show It! Haare im Blick von Diane Arbus bis TikTok“.

Ein um 1890 entstandenes Kabinettfoto von Charles Eisenmann, der sich auf „Freaks“ spezialisiert hatte. In diese Kategorie des Exzentrisch-Bizarren wurde auch Annie Jones einsortiert – ihr wuchernder Bart steht in einem merkwürdigen Kontrast zu dem enganliegenden Kostüm, das ihre weiblichen Konturen betont.

Info-Enzyklopädie der Frisuren

Info-Enzyklopädie der Frisuren

Die Ausstellung im Folkwang-Museum erzählt auf 1.400 Quadratmetern die Kulturgeschichte der Frisur. Arbeiten von rund 100 Künstlern beleuchten die Bedeutung von Frisuren in Gesellschaft, Politik und Alltag. Zu sehen bis 12. Januar 2025.

Der Titel „Grow It. Show It!“ ist ein Zitat aus dem Musical „Hair“. Die Hippie-Revue (1968) signalisierte mit wilden Mähnen, dass es an der Zeit sei, alte Zöpfe einer autoritären Gesellschaft abzuschneiden. Ein frühes Beispiel von Genderfluidität.

Dass sich mit Haaren Geschlechter-Klischees sowohl bestätigen als auch überwinden lassen, das verdeutlicht die von Miriam Bettin und Thomas Seelig überaus kurzweilig arrangierte Präsentation beispielsweise durch Fotografien von Diane Arbus, Ana Mendieta oder Sabelo Mlangeni. Gegen das Schubladen-Denken agiert auch die queer-feministische New Yorker Künstlerin Zoe Leonard.

In der Ausstellung ist ihr „Bearded Lady Calendar“ von 1998 zu sehen. Hier räkelt sich Jennifer Miller in verführerischer Marilyn-Monroe-Pose – ein Poster Girl mit Vollbart und üppiger Achselbehaarung. Dabei zitiert Leonard ein ikonisches Pin-up-Motiv aus der „Red Velvet“-Serie von Tom Kelley Sr., der das Sexsymbol 1949 nackt auf rotem Samt fotografierte.

Eine Besucherin schaut sich das Foto „Gucci/ The Face Issue 9“ des Fotografen Suffo Moncloa an. Foto: dpa/Roland Weihrauch Solche Aha-Erlebnisse beschert einem die Folkwang-Ausstellung am laufenden Band.

Beispielsweise in Gestalt der Carte de Visite, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Sammelobjekt gefragt war. Auf etlichen dieser kleinformatigen Porträts präsentieren Schauspielerinnen, Adlige oder andere Celebrities ihr rapunzellanges Haar. Ein erotisch aufgeladenes Fetischobjekt, das um so mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht, weil das Gesicht der Fotografierten meist im Verborgenen bleibt.

Von der Carte de Visite führt eine direkte Linie zu jenen Influencerinnen auf Instagram oder TikTok, die das Publikum mit ihrem prächtigen Haar umgarnen. Unter den Hashtags #newhairnewme oder #newhairnewlife findet man sie in Hülle und Fülle.

Die digitale Plattform im Kunstmuseum

Die digitale Plattform im Kunstmuseum

Ohnehin kommen die Sozialen Medien ganz groß raus im Konzept der Schau, der mit Fotografien, Videos und Musikclips, mit Porträts sowie Fundstücken aus Modefotografie und Werbung eine nahezu enzyklopädische Behandlung des Themas gelingt. Das Haar, so scheint es, weht, wo es will.

Dass sich die digitalen Plattformen endgültig im Kunstmuseum etabliert haben, daran lässt die als „Haarena“ bezeichnete zentrale Zone der Ausstellung keinen Zweifel. Zwar sorgt die Schwarzweiß-Reproduktion eines Bühnenbildes, das die Schweizerin Anna Abegglen in den 1970er-Jahren entwarf, für nostalgische Friseur-Atmosphäre.

Doch die Hauptrolle spielt ein Social-Media-Star unserer Tage: der Barbier Murat Turkoglu, der auf Youtube, Tiktok und Instagram unter dem Künstlernamen Barber Turko Einblick in sein Gewerbe gewährt. Ein Clip zeigt, wie er störende Gesichtsbehaarung durch Waxing mit der Wurzel ausrottet.

Das schmerzhafte Prozedere preisen die Kuratoren als Illustration des Zeitgeistphänomens ASMR an – dabei geht es um das Kribbeln auf der Haut, das von Flüstern, Knistern oder sanften Bewegungen ausgelöst wird. Tatsächlich jedoch appelliert das drastische Video in der „Haarena“ eher an unsere Fähigkeit zur Empathie. Für Barber Turko jedenfalls gilt in Sachen Gesichtsbehaarung: Wer schön sein will, muss leiden.

Holger Hofmann

Ich bin Holger, ein erfahrener Redaktionsleiter von Hol Aktuell, einer generalistischen Zeitung mit nationalen und internationalen Nachrichten. Mein Team und ich sind bekannt für unsere strenge und objektive Berichterstattung. Mit meiner langjährigen Erfahrung als Journalist habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, unseren Lesern stets aktuelle und relevante Informationen zu bieten. Meine Leidenschaft für den Journalismus treibt mich jeden Tag an, die besten Geschichten zu finden und sie professionell aufzubereiten.

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