Calw: Hermann Hesse auf der Fährte

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Calw: Hermann Hesse auf der Fährte

In der malerischen Stadt Calw, im Herzen der Schwarzwaldregion, wartet ein besonderes Ereignis auf Literaturfreunde und Hesse-Enthusiasten. Vom 10. Juli bis 31. Oktober 2022 präsentiert sich die Stadt als Hermann Hesse-Stadt, um das Leben und Werk des berühmten Autors zu feiern. Die Veranstaltung Hermann Hesse auf der Fährte lädt Besucher ein, die Spuren des Nobelpreisträgers zu folgen und sich auf eine Reise durch sein Leben und Werk einzulassen. Durch ausgewählte Ausstellungen, lesungsvolle Abende und spezielle Führungen wird die Stadt Calw zu einem lebendigen Museum für den großen Autor werden.

Hermann Hesse auf der Fährte: Calw erinnert sich an den Nobelpreisträger

„…hinter ihm sitzt eine Welt und liest“, schrieb Kurt Tucholsky über Hermann Hesse. Nur die Leserschar in Calw wusste lange Zeit wenig mit dem meistgelesenen deutschsprachigen Autor des 20. Jahrhunderts anzufangen.

1877 kommt Hesse in der kleinbürgerlichen Enge des Städtchens in Baden-Württemberg zur Welt. Everybodys Darling ist der Sohn eines Missionars dort aber nie. Statt dem Wunsch des Vaters zu entsprechen und Kaufmann oder Handwerker zu werden, versucht der Querdenker der geistigen Enge seiner Heimat zu entkommen.

Eine Annäherung findet erst statt, als der Dichter den Nobelpreis für Literatur erhält und die Stadt das Enfant terrible 1947 zum Ehrenbürger ernennt. War Hesses 100. Geburtstag nicht viel mehr als eine Randnotiz in der lokalen Geschichtsschreibung, lenkt nun der Schwabe aus dem „Club der toten Dichter“ touristische Aufmerksamkeit auf die winkelige „Hesse-Stadt“, die mit seinem Charme Schwarzwaldurlauber und Literaturscouts zum Hesse-Walk – und ganz im Sinne des Dichters – zum Müßiggang einlädt.

Calw feiert den Nobelpreisträger

Calw feiert den Nobelpreisträger

Den 125. Geburtstag seines Rebellen feierte Calw mit einem immerhin neun Wochen dauernden Festival. „Wir haben Hermann Hesse gegenüber eine Schuld abzutragen“, räumte Calws Oberbürgermeister damals ein – wohlwissend um die Werbe-Qualitäten des Nobelpreisträgers als Global Player im kulturellen Bereich.

Wurde dieser von amerikanischen Hippies als begleitender Literaturpartner für Drogenexzesse vereinnahmt, war Hesse für Jugendliche im deutschsprachigen eher Seelencoach und eine Art tröstender Roy Black („Frag nur Dein Herz“).

„Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten…“

„Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten…“

Besucher dürfen diese lyrische Aufforderung auch auf die Kleinstadt am Fluss beziehen, denn: Mit oder ohne literarische Spurensuche, das jahrhundertealte Städtchen hat Charme und Flair.

Prosaischer ist es freilich, den Pfaden des jungen Hessen zu folgen. Die ganze Welt des Dichters öffnet sich im Hesse-Museum. Etwas Puppiges, fast Rührendes haftet den Ausstellungsräumen an.

InfoCalwFührungen

Führungen „Auf den Spuren von Hermann Hesse“ finden ab Juli bis 25. Oktober sonntags ab 14.30 Uhr statt. Treffpunkt Rathaus. Pro Person acht Euro

Übernachtung Zum Beispiel im zentralen Hotel Restaurant Rössle, Hermann-Hesse-Platz 2, 75365 Calw. www.roessle-calw.de

Hermann Hesse Museum Öffnungszeiten bis Oktober dienstags bis sonntags 11 bis 17 Uhr

Literatur

Das aktuell überarbeitete Buch „Auf den Spuren von Hermann Hesse“ von Herbert Schnierle-Lutz ist eine übersichtliche Biografie und Reiseführer zugleich. Das Buch führt Leser durch Calw und andere Orte, die in Leben und Werk Hesses wichtig waren: Insel-Taschenbuch, 18 Euro

Wem hier der Sinn nach einem „erlebnisorientierten“ Literatur-Walk steht, muss zur Spurensuche hinaus vor die Tür.

Calws Charme

Am Marktplatz 6 zeigt der Stadtführer auf zwei Wandtafeln. In der Wohnung im zweiten Stock kam das Hermännchen zur Welt. „Ein sehr großes, schweres, schönes Kind“, soll die Mutter in ihr Tagebuch notiert haben.

Hermann-Hesse-Statue an der Nikolausbrücke Foto: Manfred Lädtke/Manfred Lädkte

Samstagvormittag in Calw. Von den Blumenständen sind es nur wenige Schritte zum Stadtwald, der den Marktplatz mit dem Schwarzwald verbindet. Bewaldete Höhen mit Wanderwegen sind die Kulisse für das auf kleine Hügel gebaute Städtchen.

In Hesses Geburtshaus wird heute Mode verkauft. Weder die Stadt noch Hesse selbst hatten Interesse, dort ein Museum einzurichten.

Den Bewohnern Calws und der Enge des frömmlerischen Pietismus kehrte Hesse lieber den Rücken zu.

Zitate

„…Noch immer ist die Vaterstadt für mich…Vorbild und Urbild aller Menschenheimaten und Menschengeschicke.“

„Sei Du selbst. Fange bei Dir an. Vertrauen wir nicht auf Regierungen und Systeme“, sind Weisungen, die nicht in das Weltbild der auf Gehorsam und Tradition bedachten Kleinbürger passten.

Hermann Hesse Museum, eine Reise durch die Welt des Dichters

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In der Schulgasse bleibt der Guide vor der einstigen Lateinschule stehen, in der Hesse fast vier Jahre die Bank drückte. Als die Eltern ihn mit 15 Jahren in die 20 Kilometer entfernte Klosterschule Maulbronn schicken, büxt der Knabe aus. Er will Schriftsteller werden. Basta.

Der verzweifelte Vater sucht Rat bei einem „Neurosenheiler“ und Teufelsaustreiber. Dessen Diagnose: Der Junge ist unheilbar krank und gehört in die Psychiatrie.

Es ist spannend, über unzählige Steintreppen durch die engen Straßen der alten Gerber- und Flößerstadt zu wandern und Calw mit den Augen von Hermann Hesse zu sehen.

Als sich die Sonne früh hinter den Wipfeln versteckt, beendet der Hesse-Experte den Ausflug in die Vergangenheit.

Auf der Nikolausbrücke, lenkt er die Blicke hinunter auf einen kleinen, jetzt unscheinbaren Platz. „Das ist mir der liebste im Städtchen. Der Domplatz von Florenz ist mir nichts dagegen“, hat Hermann Hesse der Brücke, der Nagold und ihrem Ufer ein literarisches Denkmal gesetzt.

Als gern fotografierte Statue ist der literarische Rebell – spät – an seinen Lieblingsort auf die Nikolausbrücke zurückgekehrt.

Holger Hofmann

Ich bin Holger, ein erfahrener Redaktionsleiter von Hol Aktuell, einer generalistischen Zeitung mit nationalen und internationalen Nachrichten. Mein Team und ich sind bekannt für unsere strenge und objektive Berichterstattung. Mit meiner langjährigen Erfahrung als Journalist habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, unseren Lesern stets aktuelle und relevante Informationen zu bieten. Meine Leidenschaft für den Journalismus treibt mich jeden Tag an, die besten Geschichten zu finden und sie professionell aufzubereiten.

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