Nato-Gipfel: Füllt Bundeskanzler Olaf Scholz das Machtvakuum im Westen?

Index

Nato-Gipfel: Füllt Bundeskanzler Olaf Scholz das Machtvakuum im Westen?

Der Nato-Gipfel in Madrid wirft Fragen auf, die weit über die Grenzen Spaniens hinausreichen. In Zeiten von politischer Unsicherheit und geopolitischen Verschiebungen scheint ein Machtvakuum im Westen entstanden zu sein. In diesem Kontext richtet sich der Blick auf Deutschland und insbesondere auf Bundeskanzler Olaf Scholz, der als möglicher Führer des Westens gehandelt wird. Kann es dem Bundeskanzler gelingen, die Führung im Westen zu übernehmen und das Machtvakuum zu füllen? Oder bleiben die ziele und Ziele der NATO-Staaten zu unterschiedlich, um eine einheitliche Linie zu finden?

Nato-Gipfel: Füllt Bundeskanzler Olaf Scholz das Machtvakuum im Westen?

Es wirkt, als sei etwas vom Kanzler abgefallen. Die Anspannung der vergangenen Wochen ist etwas gewichen, ein Lächeln, ein paar launige Bemerkungen sind zurück. Olaf Scholz war spätestens seit dem Europawahlabend vielleicht kein Schatten seiner selbst, aber auch nicht weit davon entfernt.

Es hatte etwas von einem Regierungschef auf Abruf, auch wenn der SPD-Politiker das weit, weit von sich gewiesen hätte. Doch bereits bei der Pressekonferenz nach der Haushaltseinigung am vergangenen Freitag, spätestens im Regierungsflieger nach Washington, merkt man dem deutschen Regierungschef an, dass ihm eine große politische Last von den Schultern genommen wurde.

Die Regierung befand sich, das gestehen Teilnehmer der Verhandlungen zu, durchaus am Rande des politischen Abgrunds. Am Abend vor der nächtlichen Einigung stand es Spitz auf Knopf. Politisch eingemauert, war der Bewegungsradius bei SPD und FDP nur noch sehr beschränkt, die menschlichen Beziehungen ausgereizt, die Nerven der Protagonisten, aber auch in ihrem Umfeld, aufgerieben.

Und doch, am Ende, genauer morgens um fünf, hat der Kanzler es als Verantwortlicher geschafft, die Regierung zusammenzuhalten. Und es damit vermocht, so kann man es aus der politischen Vogelperspektive durchaus betrachten, Deutschland nicht ins Chaos abgleiten zu lassen.

Scholz

Scholz' Chance: Füllt er das Machtvakuum im Westen?

Auch wenn es die Stimmung im Land nicht so ganz hergibt, nüchtern betrachtet, stehen die Karten für Olaf Scholz derzeit international nicht so schlecht. Er hat die Chance, als einer der wenigen verbliebenen westlichen Regierungschefs innerhalb der Staatengemeinschaft voranzugehen.

Seit dem desaströsen TV-Duell ist der Führer der westlichen Welt, US-Präsident Joe Biden, so stark unter Druck wie nie zuvor. Sein Führungsanspruch wird in Frage gestellt, seine erneute Kandidatur für die Wahl im November ruht nur noch auf Treibsand.

Hält er daran fest, wird eine Niederlage gegen Herausforderer Donald Trump, der sich gerade nur zurückzulehnen braucht, deutlich wahrscheinlicher. Denn die Debatte über den Gesundheitszustand von Biden reißt nicht ab. Der 81-Jährige kämpft um seine Präsidentschaftskandidatur.

Selbst in der eigenen Partei stellen viele Biden wegen dessen hohen Alters infrage, dazu kommen schlechte Umfragewerte. In deutschen Diplomatenkreisen äußert man sich zurückhaltend. In persönlichen Gesprächen in der jüngsten Zeit habe man keine geistig keinerlei Schwäche feststellen können, heißt es. Über den körperlichen Zustand äußert man sich nicht.

Olaf Scholz auf dem Weg nach vorn: Kann er das Westen-Machtvakuum füllen?

In Frankreich wiederum hat Präsident Emmanuel Macron alles auf eine Karte gesetzt. Er rief nach der Europawahl Neuwahlen aus, mit ungewissem Ausgang. Nun ist Frankreich nach zwei Wahlgängen nicht derart nach rechts gerückt, wie es zunächst den Anschein hatte – dennoch hat Macron die Stabilität des Landes aufs Spiel gesetzt und muss nun die Konsequenzen tragen.

In Großbritannien wiederum ist ein guter Bekannter von Scholz Premier geworden. Keir Stamer, Vertreter der Labour Party und damit in der sozialdemokratischen Parteienfamilie, aber ein absoluter Neuling auf internationalem Parkett. Er wird eine Zeit lang brauchen, sich zurecht zu finden.

Und so richtet sich der internationale Blick auf den deutschen Kanzler. Kann er das Machtvakuum füllen, das der Westen gerad bietet? Zweifel im In- und Ausland gibt es durchaus. Doch Scholz gibt noch eine andere Figur ab als beim G7-Gipfel kurz nach der Europawahl.

Dort fuhr seine Partei ein historisch schlechtes Ergebnis ein, der Haushaltsstreit lähmte die Regierung. Der Kanzler wollte unbedingt in Washington die zwei Prozent Nato-Quote vorzeigen können – das ist trotz Haushaltsstreit gelungen. 2,19 Prozent sind es aktuell und damit ist Deutschland unter den 23 Mitgliedsstaaten, die das Militärausgabenziel erreichen.

Der SPD-Politiker muss außerdem weder über Vertrauensfragen noch Minderheitsregierungen nachdenken. Vorerst zumindest. Sein Land hat eine begeisternde EM ausgerichtet - auch nicht zu unterschätzen in diesen Zeiten.

Denn eigentlich sollte der Gipfel in dieser Woche in der Stadt, in der das Verteidigungsbündnis 1949 gegründet wurde, zur Feier der Nato-Erfolge werden. Aktuell ist die Stimmung aber eher düster. Dabei wäre der Jubiläumsgipfel eigentlich eine gute Gelegenheit für Biden, sich als starker Mann und Anführer des Westens zu inszenieren – und Zweifel an seiner geistigen und körperlichen Fitness zu zerstreuen.

Bilder von einem geschmeidigen Auftritt an der Seite ausländischer Staats- und Regierungschefs und deren öffentliche Unterstützung könnten dem Demokraten Rückenwind verleihen. Doch nun wird der Gipfel eher zur Bewährungsprobe: Jede Regung des Präsidenten wird genaustens verfolgt werden.

Mit besonderer Spannung wird die Abschlusspressekonferenz am Donnerstag erwartet, bei der Biden auch Fragen von Journalisten beantworten will. Scholz hat sich bisher nicht als jemand hervorgetan, der in der Nato voranmarschiert. Gerade in der Ukraine-Politik hat er sich stets an den USA orientiert.

In Scholz' Umfeld gibt man sich sehr zurückhaltend, wenn es um die Frage einer größeren deutschen Rolle geht. Man fahre gut damit, sich selbst diese Rolle nicht zuzuschreiben. Umso besser, wenn es andere tun, wäre die Scholz'sche Übersetzung dieses Anspruchs.

Holger Hofmann

Ich bin Holger, ein erfahrener Redaktionsleiter von Hol Aktuell, einer generalistischen Zeitung mit nationalen und internationalen Nachrichten. Mein Team und ich sind bekannt für unsere strenge und objektive Berichterstattung. Mit meiner langjährigen Erfahrung als Journalist habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, unseren Lesern stets aktuelle und relevante Informationen zu bieten. Meine Leidenschaft für den Journalismus treibt mich jeden Tag an, die besten Geschichten zu finden und sie professionell aufzubereiten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Go up