Sipri-Bericht über Nuklearwaffen: Die Gefahr eines Atomkriegs hat zugenommen

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Atomsprengköpfe sind strategische Waffen

Sie haben deshalb – trotz ihrer mörderischen Zerstörungskraft – auch positive Seiten. In der Zeit des Kalten Krieges verhinderte die nukleare Schlagkraft der beiden Supermächte USA und Sowjetunion den dritten Weltkrieg. Denn solange eine der beiden Atomimperien zurückschlagen konnte, wenn sie angegriffen wurde, endete jede Nuklearattacke für den Angreifer mit der eigenen Vernichtung. Darauf beruhte das Prinzip der nuklearen Abschreckung.

Friedensforscher besorgt über steigende Zahl einsatzbereiter Atomwaffen

Friedensforscher besorgt über steigende Zahl einsatzbereiter Atomwaffen

Bericht aus Stockholm

Friedensforscher besorgt über steigende Zahl einsatzbereiter Atomwaffen. Inzwischen verfügen neun Länder über atomare Sprengköpfe, die verheerende Zerstörungen anrichten können. Darunter sind bösartige Diktaturen wie Nordkorea oder höchst fragile Staaten wie Pakistan.

Nach dem der Fall des Eisernen Vorhangs 1989 schrumpften auch die Nuklearpotenziale erheblich. Jetzt setzen viele Staaten wegen der erhöhten internationalen Spannungen wieder stärker auf nukleare Abschreckung. Das Sipri-Institut in Stockholm hat am Montag eine Statistik veröffentlicht, nach der die Zahl der sofort einsatzfähigen Atomwaffen von Januar 2023 bis Januar 2024 wieder zugenommen hat.

Insbesondere die mit Flugzeugen und Raketen verbundenen nuklearen Sprengköpfe sind mehr geworden. Das liegt daran, dass Russland und die USA, die noch immer knapp 90 Prozent der Atomwaffen besitzen, weniger Raketen außer Dienst gestellt haben als in früheren Jahren.

Debatte über europäische Atomwaffen hält an

Debatte über europäische Atomwaffen hält an

Pistorius mahnt zur Vorsicht

Gegenüber der Hochphase des Kalten Kriegs in den 80er-Jahren sind die Nuklearpotenziale auf weniger als ein Drittel gesunken. Das ist aber nur vordergründig eine gute Nachricht.

Denn derzeit gibt es kein bindendes Abkommen, das die Hochrüstung begrenzt. Den New-Start-Vertrag, der letzte internationale Atomwaffenvertrag, wurde 2023 von Russland gekündigt. Zuvor hatten die USA erklärt, sich wegen der angeblichen Vertragsverletzungen der Russen nicht mehr an das Abkommen zu halten.

Zugleich sind die Verhandlungen des Westens mit dem Iran gescheitert, das Mullahregime zu einer Aufgabe seiner nuklearen Pläne zu bewegen. Der jüngste Angriff des Irans auf Israel im Gefolge der gezielten Tötung von Diplomaten der Islamischen Republik hat alle diese Bemühungen vorerst auf Eis gelegt.

Es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis der Iran der zehnte Staat mit Atomwaffen wird. Auch Nordkorea gilt als hochgefährliche und unberechenbare Atommacht, obwohl Diktator Kim Jong-un im vergangenen Jahr auf seine berüchtigten Atomtests verzichtete.

Andererseits testete das kommunistische Regime in Pjöngjang Raketen, die Atomsprengköpfe tragen können.

China als neuer Spieler im atomaren Wettstreit

China als neuer Spieler im atomaren Wettstreit

Als neuer Spieler im atomaren Wettstreit tritt mehr und mehr China auf, das seine Zahl an sofort einsetzbaren nuklearen Kriegswaffen um gut ein Viertel steigerte.

„China weitet sein Atomarsenal schneller aus als jedes andere Land“, meint der Sipri-Forscher Hans Kristensen, der sich international wie nur wenige mit Massenvernichtungswaffen auskennen.

Gut möglich, dass die Chinesen schon 2030 mit ihren Interkontinentalraketen zu den USA und Russland aufschließen.

Es wird dann atomar nicht mehr einen Ost-West-Gegensatz, sondern eine Dreierkonstellation geben. Die ist aber nicht so stabil wie eine Rivalität zweier Supermächte.

Denn ein Zusammengehen von zwei der drei Gegner würde einen der Beteiligten in die Knie zwingen können.

Zugleich ist eine solche Konstellation kaum auf Dauer angelegt, weil die Bündnisse schnell wechseln können.

Das zeigt sich gerade im Konflikt um die Ukraine, wo China Russland beisteht, es aber auch misstrauisch beobachtet.

Der Überfall von Kremlherrscher Wladimir Putin auf sein Nachbarland hat die atomare Gefahr deutlich erhöht.

Der russische Diktator provoziert die Ukraine und den Westen ständig mit dem möglichen Einsatz von taktischen Nuklearwaffen.

Mit dieser Eskalationsdrohung will Putin die westlichen Staaten davon abhalten, zu viele konventionell hochwirksame Waffen an die Ukraine zu liefern.

Zum Teil ist diese Strategie aufgegangen, wie die Weigerung von Kanzler Olaf Scholz beweist, dem westlichen Verbündeten Marschflugkörper vom Typ Taurus zu verschaffen.

Insgesamt hat also die Gefahr und Möglichkeit nuklearer Konflikte trotz der niedrigeren Zahl an Atomsprengköpfen zugenommen.

Die Spannungen zwischen Russland und dem Westen sind dynamisch und stark vom Kriegsverlauf in der Ukraine abhängig.

Es ist unter führenden Politikern im Westen ausgemacht, dass Putin den Krieg in der Ukraine auf keinen Fall verlieren will.

Umgekehrt dürfte die Lage bei einem Sieg des Kremlchefs noch gefährlicher werden.

Denn Putin wird an der Grenze der Ukraine eher nicht anhalten, sondern nach einem Erfolg auch Natostaaten wie die baltischen Länder und Polen oder benachbarte Staaten wie Moldawien und Georgien direkt herausfordern.

Im Nahen Osten sind die Spannungen wieder auf einem neuen Höhepunkt, seitdem die Terrororganisation Hamas am 7. Oktober ihr brutales Massaker auf israelischem Boden ausführte.

Der Iran, der hinter den meisten dieser Attacken steckt, dürfte sein Atomprogramm beschleunigen.

Dabei wird ihm Moskau helfen, während die Rolle Pekings eher diffus bleibt.

Sollte das Mullah-Regime bald über Nuklearwaffen verfügen, dürften Saudi-Arabien und die Türkei ebenfalls auf eine atomare Teilhabe drängen, auch wenn sie den Atomwaffensperrvertrag von 1968 unterschrieben haben.

Das hat vor ihnen bereits Nordkorea getan und später seine Unterschrift zurückgezogen.

Atomwaffen als strategische Waffen mögen große internationale Konflikte verhindern, weil die Folgen unabsehbar sind.

Zugleich nimmt aber die Wahrscheinlichkeit zu, wenn immer mehr Länder ein Nukleararsenal aufbauen.

Außerdem sind Dreier-Konstellationen, wie sie sich jetzt mit China abzeichnen, instabiler als ein klarer Ost-West-Gegensatz.

Selbst mitten in Europa bedroht das Nuklearpotenzial Russlands, dessen Einsatzbereitschaft der Kreml verbessert hat, die Natostaaten des Kontinents.

Und große Initiativen, die Zahl der Sprengköpfe dauerhaft zu senken oder gar eine atomwaffenfreie Welt zu schaffen, sind derzeit nicht zu sehen.

Udo Mayer

Ich bin Udo, ein erfahrener Redakteur und Chefredakteur der Website Hol Aktuell. Als Generalistische Zeitung bieten wir nationale und internationale Nachrichten mit Strenge und Objektivität. Mit meiner langjährigen Erfahrung in der Branche leite ich ein Team von talentierten Journalisten, um unseren Lesern stets aktuelle und relevante Informationen zu liefern. Meine Leidenschaft für journalistische Exzellenz treibt mich an, sicherzustellen, dass unsere Artikel fundiert und ausgewogen sind. Bei Hol Aktuell steht die Qualität der Berichterstattung an erster Stelle.

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