Frankreichwahl 2024: Der Herbst des linken Patriarchen

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Frankreichwahl 2024: Der Herbst des linken Patriarchen

Die présidentielle Wahl 2024 in Frankreich wird zu einem entscheidenden Moment für die politische Landschaft des Landes. Insbesondere die linke Seite des politischen Spektrums steht vor einer Zäsur, da die dominierende Figur der französischen Linken, Jean-Luc Mélenchon, seine politische Zukunft neu ausrichten muss. Die Frage nach der Nachfolge des linken Patriarchen wird die politische Debatte in den kommenden Monaten bestimmen. Werden die französischen Linken in der Lage sein, eine neue Führungspersönlichkeit zu finden, die die sozialen und ökologischen Anliegen der Bevölkerung angemessen vertreten kann?

Mélenchon markiert den Ton: Der Führer der französischen Linken kündigt sein Regierungsprogramm an

Jean-Luc Mélenchon trat bereits sechs Minuten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses vor seine jubelnden Anhänger am Pariser Stalingrad-Platz. Mit seinem Auftritt markierte der starke Mann der Linkspartei La France Insoumise (LFI) seinen Führungsanspruch im Linksbündnis, das die zweite Runde der Parlamentswahlen am Sonntag gewonnen hatte.

Wie immer zeigte sich der ehemalige Präsidentschaftskandidat dabei aggressiv und kompromisslos. „Wir werden unser Programm umsetzen, unser ganzes Programm“, kündigte der 72-Jährige an. Gespräche mit dem Lager von Präsident Emmanuel Macron kämen nicht in Frage.

Die Neue Volksfront (NFP), der neben LFI noch Sozialisten, Grüne und Kommunisten angehören, hat keine absolute Mehrheit im neuen Parlament. Dennoch sieht sich Mélenchon schon als neuer Regierungschef. Er fühle sich dazu in der Lage, auch wenn er sich nicht aufdränge, sagte er.

Ein umstrittener Führer

Ein umstrittener Führer

Innerhalb der NFP ist Mélenchon umstritten. Denn seine Partei LFI ist zwar nach wie vor die stärkste Kraft der Allianz, bekommt aber seit den Europawahlen Konkurrenz von den Sozialisten.

Der sozialistische Spitzenkandidat, Raphaël Glucksmann, hatte am 9. Juni rund 14 Prozent der Stimmen geholt und damit deutlich vor der LFI-Kandidatin gelegen. Vergangene Woche sprach Glucksmann vom Ende der „kulturellen, politischen und ideologischen Vormachtstellung von Jean-Luc Mélenchon über die französische Linke.“

Komplizierte Regierungsbildung in Frankreich erwartet

Auch in den eigenen Reihen ist der cholerische Ex-Sozialist umstritten, der in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen 2022 rund 22 Prozent der Stimmen bekommen hatte. Der Abgeordnete François Ruffin kehrte LFI drei Tage vor der Stichwahl den Rücken, da er Mélenchons abschreckende Wirkung auf seine Wählerinnen und Wähler fürchtete.

Weitere Abgeordnete brachen ebenfalls mit dem Übervater der Linken, der sie wegen interner Kritik nicht als Kandidaten aufgestellt hatte. Ein zersplittertes Frankreich ist nicht gut für Europa.

Ein Patriarch der Linken

Ein Patriarch der Linken

„Maul zu, Frau Merkel“ In der Tat wirkt Mélenchon, ein Bewunderer des verstorbenen venezolanischen Autokraten Hugo Chávez, wie ein aus der Zeit gefallener Patriarch.

Unvergessen ist, wie er 2018 bei der Durchsuchung seines Büros wegen des Vorwurfs illegaler Wahlkampffinanzierung brüllte: „Die Republik bin ich.“ Seine Verbalattacken, mit denen er oft ins Vulgäre abgleitet, sind berüchtigt.

So twitterte der EU-Gegner 2014 „Maul zu, Frau Merkel“, als die Bundeskanzlerin von Frankreich stärkere Reformanstrengungen forderte.

Viel Verständnis zeigte Mélenchon dagegen für den russischen Präsidenten Wladimir Putin, als dieser 2014 die Krim annektierte und 2016 Syrien angriff. Seine blinde Putin-Treue endete erst, als Russland 2022 die Ukraine überfiel.

Im Europawahlkampf sorgte er für Aufsehen, weil er den Antisemitismus, der in Frankreich seit dem Hamas-Angriff auf Israel stark zugenommen hat, als Randphänomen abtat. Gleichzeitig weigerte er sich, den Hamas-Überfall als Terrorismus zu bezeichnen.

An der Haltung von LFI zur Hamas zerbrach auch das Linksbündnis Nupes, das Mélenchon für die Parlamentswahlen 2022 geschmiedet hatte. Die Neue Volksfront als Nupes-Nachfolger ist dagegen kein „Mélenchon-Baby“, sondern eine Gemeinschaftsarbeit, die nach der Ankündigung von Neuwahlen entstand, um den RN zu stoppen.

„Bei Mélenchon herrscht Panik“, sagt der Politologe Frédéric Sawicki der Zeitung „Le Monde“. Der Linkspolitiker spiele nämlich in dem neuen Bündnis keine zentrale Rolle mehr.

Die Französinnen und Franzosen misstrauen dem wortgewaltigen Redner ohnehin schon seit längerem. Laut einer im Mai gemachten Umfrage lehnen knapp 80 Prozent seiner Landsleute Mélenchon als Regierungschef ab. 61 Prozent halten ihn für „besorgniserregend“ und nur 28 Prozent bescheinigen ihm, die demokratischen Werte zu vertreten.

Dass er mit einem solchen Ruf Regierungschef wird, ist ausgeschlossen.

Ursula Herrmann

Ich bin Ursula, Journalistin bei der Webseite Hol Aktuell. Als Generalistin berichte ich über nationale und internationale Nachrichten mit Strenge und Objektivität. Meine Artikel sind immer aktuell und informativ, um unseren Lesern die wichtigsten Ereignisse des Tages zu präsentieren. Mit meiner Leidenschaft für Journalismus und meinem Engagement für die Wahrheit strebe ich danach, unsere Leser stets gut informiert zu halten.

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