Bruce Springsteen: Ein Dichter Amerikas
Niemand schreibt so schöne Songs über das Amerika der Verlierer wie der Boss aus New Jersey. Seine Texte stehen in der Tradition von Autoren wie John Steinbeck. Das anstehende Konzert in Nijmegen am Donnerstag ist eine gute Gelegenheit, mal den Dichter Bruce Springsteen zu würdigen.
Die Breitbeinigkeit, mit der er Gitarre spielt, und die rostige Röhre, durch die er seine Worte presst, lassen ja allzu oft das feinsinnige Genie des Texters in den Hintergrund treten. Dabei gehören seine Verse und Geschichten, Szenen und Monologe in Leinen gebunden neben die Bücher von Sherwood Anderson und Cormac McCarthy ins Regal.
Ein patriotischer Dichter
Springsteen ist am besten, wenn er patriotisch ist, ohne es auszusprechen. Die klassischen Themen der amerikanischen Literatur findet man in seiner Lyrik, das Motiv der Grenze, der großen Fahrt, des Flusses und das Pathos des Verlusts.
Er variiert den einen wunderbaren Satz, den Springsteen Ende der 70er Jahre notierte: Ist ein Traum eine Lüge, nur weil er nicht in Erfüllung geht? Er singt das am Ende seines Songs The River, und es steht über allem, was dieser Stürmer und Enthusiast, dieser ungestüme Liebhaber und Romantiker des Highway schreibt.
Springsteen kommt aus New Jersey, das war seine geistige Lebensform — auf sie bezieht er sich heute noch, obwohl er als Multi-Millionär das einfache Leben längst aufgegeben hat. Er las John Steinbeck, schaute die Western von John Ford, aber das hat ihn nicht zum Intellektuellen gemacht, sondern bloß seinen Blick auf den Alltag geschärft.
Seine stärksten Texte handeln von Typen, die unten an der Straße leben, in der Vorstadt, im Staub, der sich auf ihre schweren Stiefel legt.
Ein amerikanischer Traum
Springsteen verfährt ähnlich wie Edgar Lee Masters in dessen Gedichten Die Toten von Spoon River. Sein lyrisches Ich spricht zu Beichtvätern und Richtern; eigentlich fällt es nie aus der Rolle des Sohnes, eines Kindes, das eine große Sehnsucht spürt.
Jeder hat einen Grund, noch einmal von vorn zu beginnen, heißt es in Long Walk Home. Auch die Frauen am Straßenrand spricht er direkt an, er traut sich was, aber es ist ein verzweifeltes Wagenwollen: Dir könnte Schlimmeres passieren, als mich zu nehmen.
Ein Live-Künstler
Bruce Springsteen gehört live zu den Besten. Meistens singt er auch Because The Night, das Lied, das Patti Smith berühmt gemacht hat. Dessen Refrain gibt ein gutes Motto für Springsteens Auftritte ab: Because the night belongs to us.
Das Album „Letter To You“ war wieder ein gute Platte, und zuletzt coverte er auf „Only The Strong Survive“ die Soul-Hits seiner Jugend.
Das anstehende Konzert in Nijmegen am Donnerstag ist eine gute Gelegenheit, mal den Dichter Bruce Springsteen zu würdigen. Und wenn der Abend nur halb so gut wird wie das Konzert im vergangenen Jahr in Düsseldorf, darf sich das Publikum schon mal auf etwas Unergessliches einstellen.
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