Nekrolog auf Rolf Breuer: Tödliches Interview

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Nekrolog auf Rolf Breuer: Tödliches Interview

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Rolf Breuer, ist am 23. Februar 2022 im Alter von 82 Jahren verstorben. Breuer, der von 1985 bis 2002 an der Spitze des Finanzinstituts stand, war ein einflussreicher Banker seiner Zeit. Doch sein Lebenswerk wird leider von einem tödlichen Interview überschattet, das er 2002 dem Spiegel gab. In diesem Interview kritisierte Breuer den damaligen Bundeskanzler Schröder scharf und machte sich damit viele Feinde. Dieses Interview sollte sich als Karriere-Ende für Breuer erweisen.

Nekrolog auf Rolf Breuer: Tödliches Interview

Er ist zeitlebens für Rolf Breuer selbst womöglich unbegreiflich geblieben, dieser Fauxpas, bei dem er sich offensichtlich als Sprachrohr einer gesamten Branche verstand. Ihm, dem promovierten Juristen und Börsenexperten, der überdies ein brillanter Rhetoriker war und der hätte wissen müssen, welche Folgen seine Aussagen haben könnten, unterlief ein Fehler, der kaum denkbar schien.

Rolf Breuer: Der Banker, der ein Gespräch nicht vergessen ließ

Rolf Breuer: Der Banker, der ein Gespräch nicht vergessen ließ

Es ging um diesen einen Satz in einem Interview mit Bloomberg TV, in dem Breuer die Kreditwürdigkeit des Medienunternehmers Leo Kirch in Frage gestellt hatte. „Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen“, so Breuer Anfang Februar 2002.

Bankgeheimnis? Sensible Kundenbeziehungen? In dem Interview war das nicht zu spüren. Als Leo Kirchs Imperium dann tatsächlich zusammenbrach, machte er Breuers Äußerungen dafür verantwortlich, es wurde jahrelang vor Gericht gestritten, ehe die Auseinandersetzung zwölf Jahre später durch einen Vergleich beendet wurde, in dessen Rahmen die Deutsche Bank mehr als 900 Millionen Euro an die Kirch-Erben zahlte.

Tödliches Interview: Rolf Breuer, ein Leben lang für die Deutsche Bank

Bis dahin wurde Breuer über Jahre in der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend auf das fatale Gespräch mit dem Bloomberg-Journalisten reduziert. Die Beschränkung auf dieses Interview wurde dem gebürtigen Bonner, der am Mittwoch im Alter von 86 Jahren nach langer Krankheit im Kreise seiner Familie gestorben ist, niemals gerecht.

Breuer, ein feinsinniger Kunstliebhaber, der hat vor fast 70 Jahren eine Ausbildung bei der Deutschen Bank gemacht, hat hernach Jura in Lausanne, München und Bonn studiert, wurde 1967 in Bonn promoviert. Schon ab 1966 hat er wieder für die Deutsche Bank gearbeitet, ist in den Vorstand aufgestiegen, 1997 dessen Sprecher geworden, hat von 2002 bis 2006 den Aufsichtsrat der größten deutschen Bank geführt.

Über vier Jahrzehnte Deutsche Bank und ein gesamtes Berufsleben im Dienste eines einzigen Arbeitgebers in der Bilanz Breuers. Das hat Seltenheitswert, ja wirkte schon seinerzeit auf Vertreter nachrückender Führungskräfte wie ein Anachronismus.

Rolf Breuer: Ein Banker, ein Leben lang für die Deutsche Bank

Aber sie machen ihn wie seine Vorgänger Herrhausen und Kopper zu eine der großen Führungsfiguren in der Geschichte der Bank. Breuer hat als Bankchef zwischen 1997 und 2002 allerdings auch extrem polarisiert. Für viele war er der arrogante Deutsch-Banker, der alle Kritik an sich abprallen ließ, mitunter so, als würde er seine Kritiker nicht ernst nehmen.

So einer schürte unfreiwillig die Vergleiche zwischen der Deutschen Bank und dem FC Bayern München – stets respektiert, von manchen auch wegen ihrer Erfolge bewundert, von anderen gehasst. In der Branche trug Breuer den Beinamen Mr. Finanzplatz, der die Internationalisierung der Deutschen Bank und das Investmentbanking-Geschäft extrem vorangetrieben, die Deutsche Bank an die Wall Street gebracht und mit dem Kauf der US-amerikanischen Gesellschaft Bankers Trust die bis dahin größte Firmenübernahme der Deutsche-Bank-Geschichte initiiert hat.

Seine Verdienste um den Finanzplatz Deutschland und die Deutsche Bank sind in dieser Hinsicht unbestritten, wenngleich auch zwei gescheiterte Fusionsversuche eng mit seinem Namen verknüpft sind – die Idee der Deutschen Börse, die ;Londoner Börse LSE zu übernehmen (was nicht gelang und Breuer seinen Platz im Aufsichtsrat der Deutsche Börse kostete), und der geplante Zusammenschluss von Deutscher und Dresdner Bank im Jahr 2000, der an den Investmentbankern um Breuers Nachfolger Josef Ackermann und Anshu Jain gescheitert sein soll – auch wenn dies nie bestätigt wurde.

Aufsichtsratschef Alexander Wynaendts würdigte die Verdienste Breuers so: „Die Bedeutung Rolf Breuers für die Deutsche Bank kann gar nicht hoch genug geschätzt werden. Mit Rolf Breuer verliert die Deutsche Bank eine ihrer prägendsten Persönlichkeiten. Meine Gedanken sind bei seiner Frau und seiner Familie.“ Und der amtierende Konzernchef Christian Sewing nannte Breuer einen Banker alter Schule.

Und doch bleibt in der Erinnerung vieler vor allem dieses unselige Interview, das in die Annalen der Wirtschaftsgeschichte eingegangen ist. Und das Breuer auch nicht mit seiner Millionenzahlung an seinen früheren Arbeitgeber (er zahlte der Deutschen Bank im Rahmen von Regressforderungen 3,2 Millionen Euro) aus der Welt schaffen konnte. Bis heute nicht. Und wohl auch nicht in Zukunft.

Udo Mayer

Ich bin Udo, ein erfahrener Redakteur und Chefredakteur der Website Hol Aktuell. Als Generalistische Zeitung bieten wir nationale und internationale Nachrichten mit Strenge und Objektivität. Mit meiner langjährigen Erfahrung in der Branche leite ich ein Team von talentierten Journalisten, um unseren Lesern stets aktuelle und relevante Informationen zu liefern. Meine Leidenschaft für journalistische Exzellenz treibt mich an, sicherzustellen, dass unsere Artikel fundiert und ausgewogen sind. Bei Hol Aktuell steht die Qualität der Berichterstattung an erster Stelle.

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