Polen kann auf Ende des EU-Verfahrens hoffen
Die EU-Kommission hat am Montag in Brüssel angekündigt, dass sie keine Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Rechtsstaatlichkeit mehr sieht und ein Ende des Verfahrens anstrebt.
Ein entsprechende formale Entscheidung soll getroffen werden, wenn die anderen Mitgliedstaaten bei einem Ministertreffen am 21. Mai keine Einwände erheben.
Hintergrund des Artikel-7-Verfahrens
Das sogenannte Artikel-7-Verfahren gegen Polen war 2017 eingeleitet worden, nachdem die damalige nationalkonservative PiS-Regierung begonnen hatte, das Justizwesen umzubauen.
Es hätte theoretisch sogar zu einem Entzug der Stimmrechte bei EU-Entscheidungen führen können.
Polen auf dem Weg zur Ruhe
Nach dem Regierungswechsel hat die neue Mitte-Links-Regierung in Polen den EU-Partnern im Februar einen Reformplan für die Beseitigung von rechtsstaatlichen Defiziten präsentiert.
Die für die Prüfung zuständige EU-Kommission zeigte sich bereits damals optimistisch, dass mit ihm die Unabhängigkeit der Justiz in Polen wiederhergestellt werden kann.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gratuliert
„Nach mehr als sechs Jahren glauben wir, dass das Artikel-7-Verfahren beendet werden kann“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Sie gratulierte Ministerpräsident Donald Tusk und seiner Regierung zu diesem wichtigen Durchbruch.
Die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit in Polen sei großartig für das polnische Volk und für die EU als Ganzes.
Justizminister Adam Bodnar zuversichtlich
„Die konsequente Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit zeigt international weitere Erfolge“, schrieb Polens Justizminister Adam Bodnar auf der Plattform X (vormals Twitter).
Polen verdanke die Chance auf eine schnelle Beendung des Artikel-7-Verfahrens nicht nur der Arbeit seines Ministeriums, sondern dem Engagement der gesamten Regierung.
Rückabwicklung der Justizreformen
Die Eingriffe in das polnische Justizsystem, die die PiS mit ihren umstrittenen Reformen vorgenommen hatte, waren schwerwiegend.
Entsprechend langwierig und zäh ist es für Tusks Mannschaft, die Justizreformen wieder zurückzudrehen.
Beispielsweise hatte Justizminister Bodnar bereits im Januar angekündigt, dass man die Nominierung von Richtern wieder von der Politik entkoppeln wolle.
Ein entsprechender Gesetzentwurf, der die Besetzung des Landesjustizrates neu regelt, wurde vor zwei Wochen vom Sejm, der ersten Kammer des Parlaments, verabschiedet.
Der Landesjustizrat ist das Gremium, das Richter für frei werdende Stellen nominiert.
Im Jahr 2018 führte die PiS-Regierung eine Reform ein, nach der 15 der insgesamt 25 Mitglieder des Landesjustizrates durch das Parlament ernannt wurden - zuvor hatten Richter die Mehrheit der Mitglieder bestimmt.
Dieser Schritt brachte Polen in Konflikt mit der EU-Kommission.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kritisierte, der Landesjustizrat sei ein Organ, das „von der polnischen Exekutive und Legislative wesentlich umgebildet wurde“, an seiner Unabhängigkeit gebe es berechtigte Zweifel.
Zukunft des Landesjustizrates
Künftig sollen wieder allein Richter unterschiedlicher Gerichte über die 15 Sitze im Landesjustizrat bestimmen.
Sobald das Gesetz in Kraft tritt, soll der Landesjustizrat neu gewählt werden - das alte, nach den Regeln der PiS gebildete Gremium, wird abgelöst.
Das letzte Wort hat jedoch noch der Präsident Andrzej Duda, der aus den Reihen der PiS stammt und immer wieder deutlich gemacht hat, dass er deren Politik stützt.
Er könnte das Projekt also torpedieren.
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