Gaza: Joe Biden zeichnet rote Linie in Rafah
In einer überraschenden Wendung hat der US-Präsident Joe Biden am Mittwoch in Rafah, im Süden des Gaza-Streifens, eine rote Linie gezogen. Die US-Regierung hat damit ein deutliches Signal an die palästinensische Führung gesendet, dass sie die Errichtung eines unabhängigen Staates unterstützt. Die israelische Regierung hat jedoch scharf gegen den Schritt protestiert und Bedenken wegen der Sicherheitslage geäußert. Die Entwicklung könnte tiefgreifende Auswirkungen auf den Friedensprozess im Nahen Osten haben.
Über die Rote Linie in Rafah
Joe Biden hat es auf allen möglichen Wegen versucht. Nur Tage nach dem brutalen Terroranschlag der Hamas vom 7. Oktober 2023 stattete der US-Präsident Israel einen Solidaritätsbesuch ab. Trotz der seit Langem bestehenden Differenzen mit Benjamin Netanjahu demonstrierte er mit einer Umarmung „Bibis“ die Nähe zum jüdischen Staat in der Stunde der Not.
Der Israel-Freund Biden versicherte öffentlich seine „unumstößliche“ Unterstützung und benutzte diskrete Kanäle, um mäßigenden Einfluss auf die militärische Antwort der Rechtskoalition in Tel Aviv zu nehmen.
Gaza: Biden setzt rote Linie in Rafah
Nach dem Tod der Mitarbeiter der US-Hilfsorganisation „World Kitchen“ kritisierte der US-Präsident Israel, ging aber einem direkten Konflikt über Hilfslieferungen an die Zivilbevölkerung in Gaza aus dem Weg. Statt Netanjahu zu drängen, die Versorgung über Land sicherzustellen, kündigte Biden die Einrichtung eines eigenen Korridors über das Meer an.
Nachdem die Israelis Bidens Außenminister Anthony Blinken wiederholt bei seinen Vermittlungsversuchen zu einem Waffenstillstand und Geiselaustausch auflaufen ließen und keinerlei Entgegenkommen in Rafah signalisierten, sah sich der Präsident genötigt, ein deutlicheres Signal zu senden.
Vor einer Woche pausierte er die Lieferung tausender 2000-Pfund- und 500-Pfund-Bomben an Israel. Verbunden mit der Ansage an Netanjahu, von einer massiven Militärkampagne in der mit einer Million Menschen überfüllten Stadt Rafah im Süden Gazas abzusehen.
„Ich werde keine Waffen liefern, wenn sie in Rafah einmarschieren“, sagte Biden in einem Interview mit CNN. „Das bedeutet keine Abwendung von Israel, sondern eine Abwendung von der Idee, in dicht besiedelten Gebieten auf diese Weise Krieg zu führen“.
Der Präsident räumte ein, dass amerikanische Bomben in Gaza benutzt worden seien, die zu der hohen zivilen Opferzahl beigetragen hätten: „Zivilisten sind in Gaza als Konsequenz dieser Bomben und anderer Mittel getötet worden, die sie in Ballungsräumen eingesetzt wurden“.
Der Tod von 34.000 Zivilisten sowie die humanitäre Katastrophe in Gaza facht die Studierendenproteste in den USA an, die sich wie ein Lauffeuer ausgebreitet haben und Bidens Wiederwahl gefährden.
Der Verteidigungsminister Lloyd Austin bekräftigte seine Ablehnung einer Rafah-Offensive der israelischen Streitkräfte. Washington habe von Anfang an deutlich gemacht, „dass Israel keine große Attacke in Rafah beginnen sollte, ohne dass die Zivilisten in dieser Kampfzone sicher sind“.
Die Regierung solle „Israel geben, was es in einem Krieg braucht, den es nicht verlieren darf“, kritisierte Senator Lindsey Graham die Lieferpause als „obszön“ und „absurd“. Tatsächlich verfügt Israel nach Auskunft von Experten über ausreichende Bestände an Bomben und Munition, um Gaza jederzeit in Schutt und Asche zu legen.
Die offene Frage bleibt, ob Netanjahu wagt, die rote Linie zu überschreiten.
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