Warum das Erzbistum Köln keine juristische Verantwortung für Täterpriester übernehmen muss

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Warum das Erzbistum Köln keine juristische Verantwortung für Täterpriester übernehmen muss

In einem umstrittenen Urteil hat das Oberlandesgericht Köln entschieden, dass das Erzbistum Köln keine juristische Verantwortung für die Taten von Priestern, die sich des Missbrauchs schuldig gemacht haben, übernehmen muss. Dieses Urteil wirft viele Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die Verantwortung der Kirche in solchen Fällen. Die Frage, warum das Erzbistum Köln keine juristische Verantwortung übernehmen muss, ist von großer Bedeutung, nicht nur für die Opfer des Missbrauchs, sondern auch für die Glaubwürdigkeit der Kirche selbst. In diesem Artikel werden wir die Gründe für dieses Urteil näher untersuchen und die möglichen Konsequenzen für die Kirche und die Opfer diskutieren.

Kölner Landgericht: Erzbistum Köln nicht verantwortlich für Missbrauch durch Priester

Das Erzbistum Köln wird voraussichtlich keine Schmerzensgeldzahlung von 830.000 Euro an die Betroffene Melanie F. leisten müssen. Dies entschied das Kölner Landgericht in einem Zivilverfahren. Nach der Argumentation des Vorsitzenden Richters Jörg Michael Bern kann die Kirche als eine „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ für die Verbrechen des Priesters nicht in Mithaftung genommen werden.

„Es gibt eine Trennung zwischen Amtsausübung und sonstigem Handeln“, sagte Bern. Dass der Priester die Klägerin Melanie F. in den 1970er-Jahren als Pflegekind habe aufnehmen dürfen, sei eine Entscheidung des Jugendamts gewesen. Aus diesem Grund hätte auch das Jugendamt prüfen müssen, ob der Priester dafür geeignet gewesen sei, das Sorgerecht zu bekommen, so Bern.

Keine Schmerzensgeldzahlung: Erzbistum Köln entgeht juristischer Verantwortung für Täterpriester

Keine Schmerzensgeldzahlung: Erzbistum Köln entgeht juristischer Verantwortung für Täterpriester

Vor dem Kölner Landgericht waren zwei Rechtsauffassungen aufeinander getroffen: Aus staatlich juristischer Sicht greift eine Amtshaftung erst, wenn die Tat im öffentlichen Amt selbst ausgeübt werde. Seine Missbrauchstaten habe Priester U. an Melanie F. danach als Privatmann begangen; sie stünden nicht im Zusammenhang mit seinen Dienstpflichten.

Die Verteidigung argumentierte mit dem dogmatischen Selbstverständnis der Kirche vom Weiheamt. Das führe in eine „Daseinsform“, die den Priester „von allen anderen Gläubigen unterscheidet“, heißt es in einer Stellungnahme des Bonner Kirchenrechtlers Norbert Lüdecke. Ein Priester sei danach nicht nur zeitweilig im Dienst, er ist es jederzeit und überall, ist ohne Einschränkung verfügbar. Aus dieser „Ganzhingabe“ leitet sich auch die Zölibatspflicht ab.

„Die Taktik der katholischen Kirche ist aufgegangen: nämlich Verantwortung wegzuwischen und Betroffene auch damit zu entmutigen“, sagte Lüdecke nach der Verhandlung unserer Zeitung. „Das ist ihr jetzt auf massive Weise gelungen“. Nicht einmal auf einen Vergleich habe sich die Kirche eingelassen. „Letztlich war es eine knallharte Machtdemonstration“, so Lüdecke. Und: „Wie diese Kirche moralisch überhaupt noch Land gewinnen will, ist mir völlig schleierhaft“.

Der Fall Melanie F. ist vielschichtig. So soll der damalige Kardinal Joseph Höffner (1906-1987) über den Antrag von Pfarrer U. nachgedacht und die Aufnahme des Pflegekindes unter zwei Bedingungen erlaubt haben: das Kind müsse getauft, eine Haushälterin eingestellt werden. Eine solche Person aber hat es nie gegeben, was auch nie kontrolliert wurde. Nach eigener Aussage habe Melanie F. im Pfarrhaus nicht einmal ein eigenes Bett besessen. Wer hatte damals die Kontrollpflicht? Das Jugendamt, das Melanie F. aus dem Bonner Kinderheim dem Bistum anvertraut habe? Oder die Bistumsleitung?

„Sobald es aber darum geht, wirklich belastbare Verantwortung zu übernehmen, versucht sie, vom staatlichen Gericht einen Freibrief zu erwirken“, so Lüdecke.

Melanie F. war ihrem Täter viele Jahre schutzlos ausgeliefert: Die heute 57-Jährige wurde in den 1970 und -80er Jahren hundertfach aufs Schwerste missbraucht. Zweimal wurde sie schwanger, beim ersten Mal war sie 15 Jahre alt; beide Male wurde die Schwangerschaft abgebrochen. Dass Pfarrer U. 2022 zu zwölf Jahren Haft verurteilt und vom Vatikan aus dem Klerikerstand entlassen wurde, ist seinen Missbrauchstaten jüngeren Datums geschuldet, da die Taten an Melanie F. im strafrechtlichen Sinne verjährt waren.

Das Erzbistum Köln aber hatte auf die Einrede der Verjährung verzichtet und dadurch eine Klärung vor Gericht erst ermöglicht. Eine Entscheidung soll Mitte September verkündet werden. Bis dahin wird der Klägerseite noch Zeit eingeräumt, mögliche Beweise nachzuliefern.

Zudem ist vor dem Landgericht Aachen ebenfalls die Klage eines potenziellen Missbrauchsopfers auf Zahlung von Schmerzensgeld abgewiesen worden. Der Kläger forderte ein Schmerzensgeld in Höhe von 600.000 Euro und behauptete, als Messdiener im Kindesalter von zwei Pfarrern über mehrere Jahre sexuell missbraucht und vergewaltigt worden zu sein. Täter sollen vor mehr als 30 Jahren zwei Pfarrer des Bistums Aachen gewesen sein. Das Bistum hat bestritten, dass diese und weitere Taten tatsächlich stattgefunden hätten und berief sich auf die Verjährung.

Holger Hofmann

Ich bin Holger, ein erfahrener Redaktionsleiter von Hol Aktuell, einer generalistischen Zeitung mit nationalen und internationalen Nachrichten. Mein Team und ich sind bekannt für unsere strenge und objektive Berichterstattung. Mit meiner langjährigen Erfahrung als Journalist habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, unseren Lesern stets aktuelle und relevante Informationen zu bieten. Meine Leidenschaft für den Journalismus treibt mich jeden Tag an, die besten Geschichten zu finden und sie professionell aufzubereiten.

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